© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/22 / 29. April 2022

Verdunkelung der Woche
Nicht die Hellsten
Florian Werner

Betrunkene Randalierer sind bekanntlich sehr sensibel. Deshalb baut die Polizei laut der B.Z. nun dimmbare Leuchten für mehr als 800.000 Euro in die Zellen der Gefangenen-Sammelstelle am Tempelhofer Damm in Berlin ein. Dort werden – zumeist an den Wochenenden – sternhagelvolle Raufbolde, zeitweise aber auch waschechte Schwerverbrecher untergebracht. Die Bauarbeiten sollen aufwendig sein und sich bis in den November hineinziehen. Grund für die Maßnahme ist ein unangekündigter Besuch der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter im Jahr 2017. „Gewahrsamsräume sind mit einer dimmbaren Beleuchtung auszustatten, damit auch nachts beispielsweise der Notruf ohne Schwierigkeiten gefunden werden kann, ohne daß die Lichtquelle die betroffene Person am Schlafen hindert“, empfahlen die Gutachter nach der Ortsbegehung in einem Schreiben an den Berliner Senat. Bislang konnte das Licht nur einfach ein- und ausgeschaltet werden. Das scheint neuerdings schon Folter zu sein. Ein Jahr später wies die Polizei den Hauseigentümer deshalb an, den Umbau der Zellen in die Wege zu leiten – was den Eindruck erhärtet, daß bei der Nationalen Stelle anscheinend lauter 14- bis 16jährige Teenager arbeiten, die es bekanntlich schon als Tortur empfinden, wenn das Handy mal keinen Empfang hat. Weil allerdings nicht nur das Licht, sondern auch der durch die Lüftung verursachte Lärm in dem Gefängnisbau bemängelt wurde, steht wohl zu erwarten, daß bald auch temperaturverstellbare Klimanalagen oder zumindest geräuschdimmende Kopfhörer in den Zellen zu finden sind. Doch Moment: Wenn grelle Glühbirnen und laute Ventilatoren-Geräusche Folter sein sollen, dann sind es skurrile Beschwerdekataloge schon lange. Es braucht unbedingt einen Beauftragten gegen Folterbeauftragte.