© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/22 / 29. April 2022

Schmach für EU-Konservative
Slowenien: Mit seinem Sieg brüskiert der grün-liberale Robert Golob die EVP und die Regierung Janez Janša
Filip Gaspar

Großes Erstaunen nach der Wahl in Slowenien in der EU. Der rechtskonservative Regierungschef Janez Janša und seine Partei SDS mußten sich dem Politneuling Robert Golob und seiner grün-liberalen Freiheitsbewegung (GS) geschlagen geben. Dies obwohl noch wenige Tage vor der Wahl der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament, Manfred Weber, die SDS und ihren Partner, die konservative Partei Neues Slowenien (NSi), bei einem Besuch in Ljubljana (Laibach) unterstützt hatte. Das Land habe in den vergangenen zwei Jahren unter dieser Regierung „bemerkenswerte Fortschritte“ gemacht und „positive Auswirkungen auf das Leben der Menschen“ gehabt, so der CSU-Politiker. „Die gesamte EVP-Familie steht hinter Ihnen und wünscht Ihnen alles Gute.“

Dennoch erreichte die Partei von Golob aus dem Stand mit 34,5 Prozent einen deutlichen Vorsprung zur SDS, die auf 23,6 Prozent kam. Daneben schafften noch drei weitere Parteien den Sprung ins Parlament: die Sozialdemokraten (sieben Prozent), die Linkspartei (vier Prozent) und Neues Slowenien (sieben Prozent). Golobs Freiheitsbewegung (GS) kommt damit auf 40 der 90 Parlamentsmandate und die SDS auf 28.

Zusammen mit den Sozialdemokraten kann Golob eine Regierungskoalition schmieden. Entsprechend beriet er Mitte der Woche mit den Sozialdemokraten (SD) und der Linken über die Bildung einer neuen Koalition. Janša würde mit der NSi nicht auf die benötigte Mehrheit kommen. Die Wahlbeteiligung war bei dieser Wahl so hoch wie nie zuvor. Janša räumte schnell seine Niederlage ein und betonte, „für das Gemeinwohl zusammenzuarbeiten“ zu wollen und als „staatstragende Opposition“ zu fungieren.

Bis zum Schluß lagen Golob und Janša in den Umfragen noch gleichauf. Der sowohl in Slowenien als auch in der EU umstrittene Janša hatte mit dem Slogan „Keine Experimente“ Wahlkampf gemacht. Seine zu große Nähe zum ungarischen Premier Viktor Orbán wurde ihm vorgeworfen, obwohl er sich im aktuellen Ukraine-Krieg deutlich proukrainisch positioniert hatte. Innenpolitisch warf ihm die Opposition vor, die Pressefreiheit und demokratischen Institutionen eingeschränkt zu haben und Slowenien nach dem Vorbild Ungarns zu einer illiberalen Demokratie umgestalten zu wollen. 

Golobs Wahlsieg geht auf seine effektive Mobilisierung von Jungwählern zurück. Der studierte Elektrotechniker und Gründer eines Start-ups für Stromhandel war bis Ende 2021 noch Manager des staatlichen Stromhandelsunternehmen Gen-I. Auf Veranlassung Janšas wurde sein Vertrag nicht verlängert und er übernahm die kleine Partei und führte sie zum Wahlsieg.