© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/22 / 29. April 2022

Pandemie, Inflation und jetzt Krieg
Bierpreisanstieg: Güter wie Weizen und Glas werden teurer, gleichzeitig bricht mit Rußland und der Ukraine ein großer Markt weg
Christian Schreiber

Jahrelang sind die Bierpreise im Handel mehr oder weniger konstant geblieben. Doch schon im vergangenen Herbst änderten Brauer ihre Preispolitik und kündigten eine massive Erhöhung an. Sie sehen sich mit neuen Kostensteigerungen unter anderem durch den Krieg in der Ukraine und die horrende Inflation konfrontiert. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden 2020 in Deutschland insgesamt 8,7 Milliarden Liter Bier abgesetzt und damit so wenig wie noch nie seit Reform der Statistik 1993.

Ein massives Problem sind die steigenden Energiepreise. Die Gaskosten stiegen 250 Prozent höher als im Vorjahr. Auf die Kunden möchte die Branche das nicht abwälzen, weil Angst vor einem Umsatzeinbruch herrscht. Aber dauerhaft könne die Branche das nicht abfangen, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. 

Der Ukraine-Krieg treibt die Kosten, weil rund elf Prozent des globalen Weizens von dort kommt. Doch es liegt nicht nur am Malzpreis, denn auch ein großer Glaslieferant in der Ukraine falle aus. Hinzu kommt das Wegbrechen eines wichtigen Absatzmarktes in Osteuropa. Die Ausfuhren sind nahezu flächendeckend zum Erliegen gekommen. Im vergangenen Jahr haben die deutschen Brauer rund zwei Millionen Hektoliter alkoholhaltiges Bier nach Rußland geliefert. Das waren knapp 13 Prozent des deutschen Bier-Exports. „Nun aber sind die Exporte nahezu flächendeckend zum Erliegen gekommen und werden vermutlich auf lange Sicht entfallen“, sagt Eichele und stimmt die Branche auf harte Zeiten ein. „Viele Brauer werden den Preiskampf wohl nicht überleben.“ 

Große Hoffnungen ruhten darauf, daß mit dem  Wegfall der Pandemie-Restriktionen auch das Frühjahrsgeschäft wieder lukrativer werden würde, doch dann kam der Krieg. „Für die Brauereien in Deutschland ist die Entwicklung dramatisch: Wir beobachten bei Rohstoffen, Verpackungen, Energie und Logistik nie gekannte Preissteigerungen“, sagt Eichele und fügt hinzu: „Die Kosten schießen durch die Decke, sie drohen völlig aus dem Ruder zu laufen.“

Mittlerweile erhöhten etwa Krombacher und Veltins ihre Preise. Die Radeberger Gruppe und Bitburger wollen im Mai nachziehen. Experten schätzen, daß bei großen Pilsmarken der Bierkasten mit 20 Halbliterflaschen um etwa 1 Euro teurer werden könnte. „Wenn ich den Bierpreis aufgrund der aktuellen Preise der Zutaten neu berechne, müßte eine Kiste um rund 45 Cent teurer werden“, sagt Walter König, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds. Im Supermarkt könnte der Kasten Marken-Bier im Schnitt die 17-Euro-Marke durchbrechen. „Hoffentlich haben die marktbeherrschenden Handelskonzerne verstanden, welch exzessiven und existenzgefährdenden Kostensteigerungen ihre Lieferanten ausgesetzt sind“, sagte Eichele. Lieferengpässe und Kostensteigerungen sei man dagegen gewohnt. 

Bereits die Corona-Krise war eine Herausforderung: „Aber was gerade passiert, sprengt alle Dimensionen. Besonders bei Braumalz und Neuglas gingen die Einkaufspreise bei Neuverträgen und Öffnungsklauseln in den Verträgen durch die Decke“, erklärt Eichele. Dem Getränkefachgroßhandel (GFGH), auf den die Brauereien angewiesen sind und den sie teilweise selbst betreiben, machen derzeit vor allem hohe Kraftstoffpreise zu schaffen. Besonders betroffen seien nach Aussagen des Brauer-Bundes Betriebe, die lange Strecken bedienen. „Allerdings ist die Preisexplosion beim Sprit nicht auf eine tatsächliche Verknappung von Rohöl zurückzuführen, sondern eine Folge der Kriegsangst“, sagt Eichele und fügte hinzu: „Die Logistik ist einer der Beeiche, in dem wir schon vor dem Angriff auf die Ukraine deutliche Preissteigerungen beobachtet haben – neben Rohstoffen, Verpackungen, Energie und Personalkosten.“ Bei Containern seien die Preissprünge besonders extrem.