© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/22 / 29. April 2022

Blick in die Medien
Dieser Weg wird kein leichter sein
Bernd Rademacher

Xavier Naidoo machte sich durch irrlichternde politische Aussagen vom Hofmigranten der Popmedien zum Paria. Lange Zeit schien er diesen Ritt auf der medialen Rasierklinge zu genießen. Mit Rückenstärkung durch loyale Fans, Platten­umsätze und Charterfolge provoziert es sich ganz komfortabel. Immer wieder schaffte er es, seltsame Andeutungen in Texten und teils wirren Interviews hinterher wieder wortreich und inhaltsleer zu relativieren, andererseits taten ihm viele Journalisten gerne den Gefallen, alle möglichen schlimmen Intentionen in seine obskuren Reime zu deuten.

Bisher war das scheinbar ein ritualisiertes Spiel. Doch jetzt hat der inzwischen 51jährige offenbar kalte Füße bekommen. In einem dreiminütigen Video veröffentlichte der „Sohn Mannheims“ eine wahre Kaskade von Entschuldigungen und Beteuerungen.  

Vom Oberquerdenker zum Olympiasieger im Zurückrudern: Er habe sich auf „Irrwege“ begeben.

Vom Oberquerdenker zum Olympiasieger im Zurückrudern. Er habe sich auf „Irrwege“ begeben, sich „verrannt“ und Menschen mit „verstörenden Äußerungen“ vor den Kopf geschlagen. Nun habe er „viele Fehler“ erkannt und distanziere sich „ohne Wenn und Aber“ ganz und gar von „Verschwörungserzählungen“, die ihn geblendet hatten. Böse „Gruppierungen“ hätten ihn „vom Bezug zur Realität entfernt“ und ihn Dinge sagen lassen, „die ich heute bereue“. Der Krieg Rußlands gegen die Ukraine habe ihm die Augen geöffnet. Dann folgen noch die übliche Bekenntnisformel zu „Toleranz und Vielfalt“ sowie die Abkehr von allem „Rassismus“, den er „aufs schärfste“ verurteilt.

Offenbar hat das Verschwinden seines Freundes Attila Hildmann ihn so stark erschreckt, daß er um seine Rente in Deutschland fürchtet. Doch noch darf er nicht wieder mitspielen: Die Inquisitoren und „Rechtsextremismusexperten“, die ihn zum „Reichsbürger“ gestempelt hatten, nehmen ihr Urteil nicht so leicht zurück.

Die ARD-Faktenfinder haben ihn vorerst unter strenge Bewährung gestellt: Ein Aussteigen aus dem Querdenkermilieu gehe nicht von heute auf morgen, das sei „ein lebenslanger Prozeß“. Nun ja, wie sang der Reimeschmied einst: „Dieser Weg wird steinig und schwer …“