© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/22 / 29. April 2022

Umwelt
Die Zecken kommen
Paul Leonhard

Wer sich beim Impfarzt boostern läßt, bekommt aktuell neben der Empfehlung zur Grippeschutzimpfung auch eine zur Vorbeugung gegen Zecken. Denn diese lauern derzeit und gelten als gefährlich, weil sie die Viren der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen können. Diese ist noch immer nicht mit Medikamenten heilbar und kann in schweren Fällen tödlich verlaufen. In diesem Frühjahr sind die Zecken so früh aktiv wie noch nie. Mit Folgen: Am Universitätsklinikum Nürnberg mußte schon der erste schwere Borreliosefall behandelt werden.

Die weitere schlechte Nachricht ist: Die Zecken breiten sich durch den Klimawandel aus, und zwar nicht nur die einheimischen Arten, sondern auch eingeschleppte. Ende vergangenen Jahres endete ein Forschungsprojekt „Tropenzecken“. 2019 hatten die Wissenschaftler der Universität Hohenheim die Deutschen aufgerufen, exotische Zeckenarten einzusammeln. Zur allgemeinen Überraschung wurden mehr als 8.000 Exemplare zugesandt. Die Analyse der Parasiten zeigt, daß manche Arten weiter verbreitet und manche gefährlicher als angenommen sind.

Neuankömmlinge aus dem Mittelmeer-Raum sind bis zu dreimal so groß wie der heimische Holzbock.

Zu den Neuankömmlingen zählt die aus dem Mittelmeer-Raum stammende Hyalomma. Sie ist dreimal so groß wie der zwei bis drei Millimeter lange heimische Gemeine Holzbock, bewegt sich schnell und bevorzugt das Blut von Pferden und Nutztieren. 

Ob Hyalomma in Deutschland bereits heimisch ist, ist unklar. Zwar können die erwachsenen Zecken den Winter überleben, über frühe Entwicklungsstadien, also Larven und Nymphen, ist nur wenig bekannt. Auf dem Vormarsch befindet sich die Hundeblut liebende einheimische Auwaldzecke, die jetzt auch im Norden Deutschlands auftritt. Für dieses Jahr wurden Teile Mitteldeutschlands, Brandenburgs und zum ersten Mal auch Nordrhein-Westfalens als neue FSME-Risikogebiete klassifiziert.