© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/22 / 06. Mai 2022

CD-Kritik: Sergej Rachmaninow
Musik & Geschichte
Jens Knorr

Nach Editionen historischer Aufnahmen sämtlicher Opern Mussorgskis, Tschaikowskis und Rimski-Korsakows legt Hänssler Profil nun auch die drei des hierorts als Opernkomponisten immer noch wenig bekannten Sergej Rachmaninow vor, ergänzt durch Fragmente, Chorwerke, Lieder, Bearbeitungen und die Symphonischen Tänze, die Paganini-Variationen und die Klavierkonzerte.

Auch für diese Edition wurden bisher nicht leicht zugängliche Aufnahmen aufbereitet, in diesem Fall aus der Privatsammlung des im vorigen Jahr gestorbenen Pianisten Andrej Chotejew. Die beiden Aufnahmen der Examensarbeit des 19jährigen „Aleko“ (Golowanow, 1951; Rabinowitsch, 1953) wie die des „Geizigen Ritters“ (Nebolsin, 1958) und der „Francesca da Rimini“ (Melik-Paschajew, 1956) dokumentieren Rachmaninows zunehmendes Geschick in der symphonischen Durchdringung der Gesangsstimmen und in der Herausbildung eines „melodischen Rezitativs“. Sie geben, wie die anderen beigestellten Opera auch, wertvolle Aufschlüsse über die russischeigne Interpretation zwischen 1929 und 1963. Es gibt weißlich grelle Tenöre, orgelnde Bässe, tremolierende Soprane zu hören, aber ebenso differenzierte Interpretationen von Sängern der UdSSR, einige noch der alten russischen Schule zugehörig, die im Westen lange unbekannt geblieben sind.

Jedes einzelne Tondokument stellt ein Kapitel russischer, jüdischer, deutscher und Emigrations-, insgesamt: europäischer Musikgeschichte vor, wovon die karge editorische Begleitung nur eine erste Ahnung vermittelt.

Sergej Rachmaninow Sämtliche Opern, Kantaten und Fragmente Profil Edition Günter Hänssler 2022 www.haensslerprofil.de