© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/22 / 06. Mai 2022

Frisch gepreßt

Aufziehende Barbarei. „Sie machen sich zu Menschen, indem sie Europäer ermorden.“ So jubelt ein politischer Blindfisch wie Jean-Paul Sartre aufständischen Algeriern und anderen Unabhängigkeitsbewegungen zur Zeit der Entkolonialisierung zu. Das Zitat findet sich in seinem Vorwort zu Frantz Fanons Pamphlet „Die Verdammten dieser Erde“ (1968), das auf nicht weniger als auf die Unterwerfung Europas und die Vernichtung der weißen Kultur abzielt. Sartres autoaggressive Litanei und Fanons Kriegserklärung mischen sich 50 Jahre später in den Haßgesängen jener „Diversen, Woken und Postkolonialen“, die „eifrig zugange sind, die Substanz der eigenen Kultur aufzugeben“. Für Simon Kießling ist das nur ein Symp-tom für die Krise der westlichen Zivilisation, der er bereits 2019 eine „geschichtsphilosophische Betrachtung“ widmete. In der Neuauflage seiner messerscharfen Zeitkritik fügt er ein Kapitel über Donald Trump als Vorboten postdemokratischer Herrschaftsformen hinzu sowie, besonders erhellend, eins über die juvenilen „Fridays for Future“-Aktivisten, die er als „Kosmos der Regression“ interpretiert, in dem Kindern die Aufgabe beigemessen werde, die Menschheit aus den Fängen einer alten, den Planeten zerstörenden Welt logisch-rationalen Denkens in eine neue, lichte, vom Realitätsprinzip entlastete Zukunft zu führen. (wm)

Simon Kießling: Selbstaufgabe einer Zivilisation. Gender Mainstreaming – No Border – One World. Gerhard Hess Verlag, Bad Schussenried 2022, broschiert, 250 Seiten, 17,90 Euro





Corona, Corona, Corona. Mit diesen Worten fängt Uwe Steimles Buch „Aktuelle Kamera“ an. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, spricht der gebürtige Dresdener die Lockdown-Zeit an. In dieser fehlte dem Kabarettisten sein Alltag, und er nahm übers Netz Kontakt zu seinem Publikum auf. Laptop statt Theater hieß es nun lange Zeit. Für den 1963 in Dresden geborenen Steimle wiederholten sich in Zeiten der Pandemie Elemente und Vorgehensweisen aus der DDR. 1989 und 2020 liegen zwar weit auseinander, sind aber für den wegen Verstößen gegen die Political Correctness vom Haussender MDR geschaßten Nonkonformisten doch ähnlich. Schonungslos und authentisch vergleicht Steimle damals mit heute. Jeder bekommt sein Fett weg – seien es nun Jan Böhmermann, Walter Ulbricht oder Donald Trump. Steimle, der auch als Schauspieler tätig ist, zeigt jedoch auch die positiven Seiten auf, die es hinter dem „antifaschistischen Schutzwall“ gab. All jene, die die wahre Wahrheit hören und ein wenig Ostalgie in ihren Alltag hereinlassen möchten, machen mit dem Kauf dieses Buchs definitiv nichts falsch. (fox)

Uwe Steimle: Aktuelle Kamera. Verlag Faber & Faber, Leipzig 2022, gebunden, 160 Seiten, 20 Euro