© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/22 / 13. Mai 2022

Respektvoll kapitulieren
Clankriminalität: Das „aufgebauschte Problem“ wird von der deutschen Politik nicht ernst genommen
Michael Paulwitz

Wer als deutscher Politiker ein Kriegsgebiet besuchen will, braucht nicht nach Kiew zu fahren. Ein Abstecher nach Duisburg genügt: Rund hundert Mitglieder eines kriminellen türkisch-arabischen Clans und der „Hells Angels“ lieferten sich da vor einigen Tagen eine wilde Schießerei auf offener Straße. Medienberichte, die die Schlacht als „Rockerkrieg“ abzutun versuchten, wecken gewollt falsche Assoziationen: Auch Formationen wie „Hells Angels“ und „Bandidos“ verzeichnen längst einen massiven Zustrom aus der migrantischen Klientel.

Die ethnisch organisierte Kriminalität hält Deutschlands Städte fest im Griff. Im einst beschaulichen niedersächsischen Nienburg an der Weser lieferten sich nur wenige Tage vorher zwei verfeindete Familienclans eine brutale Massenschlägerei. Zur gleichen Zeit wird auf den Neuköllner „Maientagen“ ein Intensivtäter aus der Berliner

Clanwelt ergestochen. Bei der Beerdigung zeigen die Großfamilien ihre Macht – tausend Personen nehmen daran teil, bekannte Szene-Größen geben sich ein Stelldichein, die Polizei steht dabei und protokolliert.

Sicherheitsbehörden kratzen mit ihren sporadischen Einsätzen gegen die organisierte Clankriminalität allenfalls an der Oberfläche. Medienwirksam hat die nordrhein-westfälische Landesregierung eine Razzia gegen einen der hochkriminellen Familienclans durchführen lassen. CDU-Innenminister Herbert Reul machte die Bekämpfung der Clankriminalität zu einem Schwerpunktthema seiner Amtszeit und muß doch immer wieder von vorn anfangen.  

Aus der Äußerung seines Kabinettskollegen, des NRW-Justizministers Peter Biesenbach (CDU), spricht die ganze Hilflosigkeit der etablierten Politik: „Wir sehen die protzigen Häuser und die Autos. Und wir fragen uns: Wo kommt dieser Reichtum eigentlich her?“ Selbst wenn die Behörden das herausfinden, bleiben die notwendigen Konsequenzen in der Regel aus. Schmerzhaft treffen könnte die geschlossenen Strukturen der kriminellen Clans nur die konsequente Wegnahme illegaler Vermögen und die rigorose Abschiebung aller straffällig gewordenen Mitglieder. 

Beides findet allenfalls in Ansätzen statt und ist meist nicht von langer Wirkung. Vor den notorisch migrationsfreundlichen Gerichten ziehen die Behörden regelmäßig den kürzeren gegenüber den gutorganisierten Clans, die sich die besten Anwälte leisten können.

Vor allem in Berlin, Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen treiben die kriminellen Großfamilien ihr Unwesen. Auf der Suche nach neuen Revieren und weiteren Anlagemöglichkeiten für ihre illegal erworbenen Vermögen greifen sie auch territorial aus: Von den städtischen Ballungsräumen ins ländliche Umland, von Berliner Brennpunktbezirken wie Neukölln in bislang weniger betroffene Stadtteile wie Charlottenburg oder Wilmersdorf.

Die Wurzeln des Clan-Unwesens verweisen auf bis heute ungelöste Probleme früherer Einwanderungswellen, die der Mißbrauch des weltfremden deutschen Asylrechts ermöglicht hat. Kriminelle Familienclans sind die Parallelgesellschaft in der Parallelgesellschaft: abgeschottet, nach eigenen Gesetzen lebend, den Kontakt zur deutschen Mehrheitsgesellschaft auf das regelmäßige Abgreifen von Sozialleistungen beschränkt. 

Den Rechtsstaat und seine Hoheitsträger erkennen sie nicht an, die Zivilisation, in der sie leben, betrachten sie als Beutegesellschaft und schrecken nicht davor zurück, ihre nationalen Reichtümer zu plündern – der Raubzug gegen die Schatzkammer des Grünen Gewölbes in Dresden oder die Dreistigkeit, mit der ein Berliner Clan ein hundert Kilogramm schweres Goldmünzen-Unikat aus dem Bode-Museum entwendete, spricht Bände.

Durch den politisch gewollten und anhaltenden Kontrollverlust in der illegalen Asylmigration erhält dieses florierende kriminelle Milieu laufend weiteren Zustrom. Die Clankriminalität habe dreißig Jahre wachsen können, ohne daß die Politik eingegriffen habe, rechtfertigt NRW-Innenminister Herbert Reul seine bescheidenen Erfolge in dem viel zu spät aufgenommenen Kampf dagegen. An dem Versäumnis haben auch unionsgeführte Regierungen in Bund und Land großen Anteil. Da die Politik auch dem weiteren Wachsen der Clankriminalität tatenlos zusieht, ähnelt der Aktionismus eines Herbert Reul eher der Arbeit des Sisyphos als den Taten eines Herkules.

Im tonangebenden linksgrünen Milieu ist man ohnehin längst dazu übergegangen, das Problem als solches wegzudefinieren, anstatt mühsame Lösungsversuche zu unternehmen. Verena Schäffer, Fraktionschefin der Grünen im NRW-Landtag, bezeichnete im Angesicht der Duisburger Straßen-Schießerei die Clankriminalität als „aufgebauschtes Problem“. In Berlins rot-grün-linker Regierungskoalition mag man schon den Begriff nicht und hält Polizeirazzien und behördliches Durchgreifen gegen das Clanmilieu für „diskriminierende Symbolpolitik“. Sarah Nagel, Neuköllns Ordnungs-Bezirksstadträtin von der Linkspartei, will gleich ganz damit aufhören und nur noch „respektvolle“ Kontrollen zulassen. Die Clans werden sich freuen.

Auch für die Bundesregierung existiert die sicherheitspolitische Herausforderung der Clankriminalität nicht wirklich. Sie wirft alle Energie auf den „Kampf gegen Rechts“ und die Mobilisierung der zivilgesellschaftlichen Hilfstruppen, denen das soeben beschlossene „Demokratiefördergesetz“ reiche Subsidien verspricht. Das „friedliche Zusammenleben in unserem Land“ werde „in besorgniserregender Art und Weise beschädigt“, heißt es in dem Papier – nicht von kriminellen Clans, sondern natürlich von rechtsextremen Demokratiefeinden.

Auf den „Rassismusmonitor“ von Familienministerin Lisa Paus (Grüne), der die einheimische Noch-Mehrheitsbevölkerung unter Generalverdacht stellt, folgte am Dienstag die schöngeredete Statistik von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zur „Politisch Motivierten Kriminalität“, die gegen jede empirische Erkenntnis den Rechtsextremismus zum einzig relevanten Sicherheitsrisiko hochstilisiert. Intellektuelle sorgen sich unterdessen in offenen Briefen um den Krieg in der Ukraine und ignorieren den Krieg auf den eigenen Straßen.

Mit einer solchen Politik der aggressiven und repressiven Realitätsverweigerung gegenüber den Folgen unkontrollierter Masseneinwanderung hat Schweden bereits ein Stadium des Kontrollverlusts erreicht, in dem die Sicherheitskräfte drauf und dran sind, den Bürgerkrieg gegen die militante Landnahme der Clankriminalität zu verlieren. Noch ist Deutschland nicht an diesem Punkt angekommen. Doch der Zeitpunkt rückt unaufhaltsam näher.