© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/22 / 13. Mai 2022

Grüße aus … Kuba
Auch Kinder verurteilt
Alessandra Gracia

Kuba setzt wieder auf Tourismus. Die Regierung hat die Einreisevoraussetzungen gelockert: Besucher müssen weder Impfnachweis noch PCR-Test vorlegen. Die Erleichterungen haben einen traurigen Hintergrund. Der Peso befindet sich im freien Fall. Statt wie offiziell ausgewiesen 30 Moneda nacional pro Euro werden im Straßenverkauf gegenwärtig bis zu 120 gezahlt. Gleichzeitig müssen die Kubaner wieder mit stundenlangen Stromsperren rechnen. Lebensmittelknappheit ist Standard, aber daß es die kommunistische Mangelgesellschaft zum Tag der Pioniere nicht einmal schaffte, am 4. April den Schulanfängern ihr blaues Halstuch zu überreichen, setzt neue Maßstäbe.

Damit es nicht erneut zu spontanen Massenprotesten wie am 11. Juli 2021 kommt, haben die regierenden Kommunisten drastische Urteile gegen jene Kubaner gefällt, die damals in die Unterdrückungsmaschinerie des Staates geraten sind. Viele wurden zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Da sich unter den Inhaftierten zahlreiche Kinder und Jugendliche befinden, nach Angaben der Organisation „Prisoners Defenders“ 33 Minderjährige, darunter ein Dreizehnjähriger und drei 15jährige, hat die EU deren Freilassung verlangt.

Die letzten Proteste wurden dadurch verhindert, daß die Regierung kostenlose Lebensmittelpakete anbot.

Prompt protestierte Havanna. Die EU habe „weder das Recht noch die moralische Autorität, sich in Angelegenheiten einzumischen, die allein Kuba betreffen“, teilte Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla mit: „Nur unsere Gerichte und nicht irgendeine europäische Behörde sind befugt, Urteile unter strikter Einhaltung eines ordnungsgemäßen Verfahrens zu fällen.“

Der EU, die die Urteile als „unverhältnismäßig“ bezeichnet hatte, wird vorgeworfen, die „permanente Aggression der USA gegen Kuba, die völkermörderische Blockade und die ungezügelte Aufstachelung zum Haß gegen unser politisches Projekt“ zu ignorieren, so Kubas Botschafterin in Brüssel, Yaira Jiménez Roig.

Aus kubanischer Sicht ist kein einziger der bisher 127 Verurteilten „allein aufgrund der Ausübung seines Rechts auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung“, wie EU-Außenbeauftragter Josep Borell es vorwirft, inhaftiert worden, sondern es handelt sich nach Angaben des Obersten Gerichtshofs um Kriminelle, die wegen Anstiftung zum Aufruhr, Diebstahls und Vandalismus zu Haftstrafen zwischen sechs und 30 Jahren verurteilt wurden. Von friedlichen Demonstrationen könne am 11. Juli keine Rede sein, sagte Staatspräsident Miguel Díaz-Canel. 

Die letzten landesweiten Proteste, zu denen die Opposition aufgerufen hatte, konnte die Regierung übrigens dadurch verhindern, daß sie just an diesem Tag kostenlose Lebensmittelpakete anbot. Das Volk reagierte prompt und stand brav Schlange.