© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/22 / 13. Mai 2022

„Wir verkaufen euch Produkte, die euer Leben verändern“
Keine Weltrettung durch Veganismus
(dg)

Im Vergleich mit den Deutschen, wo sich Liebhaber fleischloser Kost um 1900 unter dem Dach der Lebensreformbewegung sammelten, waren die Briten spät dran, als sie 1944 eine „Vegan Society“ gründeten, die von ihren Mitgliedern verlangte, „alle Formen der Ausbeutung und Grausamkeiten an Tieren soweit wie möglich und praktisch durchführbar zu vermeiden“. Fast achtzig Jahre später, so resümiert die 1989 geborene brasilianische Designerin, Frauen- und Tierrechtsaktivistin Barbara Miranda, präge ein modischer Veganismus nicht nur den Lebensstil ihrer Generation, sondern werde von Lebensmittelkonzernen in aller Welt mit dem Versprechen vermarktet: „Wir verkaufen euch Produkte, die euer Leben verändern, Tiere retten und sogar den Planeten vor der Klimakrise bewahren werden.“ An solchen scheinbaren Patentlösungen lasse sich studieren, wie der Veganismus bereits der „Logik des Kapitalismus“ gehorche. Das führe in ihrer Heimat dazu, daß die Agrarindustrie den Regenwald abholzt, um auf Sojaplantagen Viehfutter zu erzeugen, während 40 Prozent der Brasilianer von Ernährungsunsicherheit und Hunger betroffen seien. Diese Menschen hätten keine Wahl, was sie essen, und nehmen an der Weltrettung durch Veganismus nicht teil. Und die bessere Alternative, die Förderung der Ernährungssouveränität indigener Völker, die von jeher die Vielfalt pflanzlicher Nahrungsmittel nutzen, werde weiter durch „kulturelle Kolonisierung“ zerstört. Getragen von Konzernen, die Indigene an Fleischkonsum gewöhnen, während sie im globalen Norden den profitablen Veganismus propagieren (Kulturaustausch, 1/2022). 


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