© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/22 / 13. Mai 2022

Zeitschriftenkritik: Schweizerzeit
Wo die Neutralität auf dem Spiel steht
Werner Olles

Die Schweizerzeit, das 14täglich erscheinende „Bürgerlich-konservative Magazin für Unabhängigkeit, Föderalismus und Freiheit“ befaßt sich in seiner aktuellen Ausgabe (Nr. 8) mit sicherheits- und miltärpolitischen Themen. In seinem Leitartikel betont Marco Chiesa, Präsident der Schweizerischen Volkspartei (SVP), die „integrale, immerwährende, bewaffnete Neutralität“ als „Grundpfeiler unseres Staates“. Sie habe über 200 Jahre die Schweiz vor blutigen Konflikten bewahrt, doch durch „die weichgespülte und verblendete Mitte-Links-Mehrheit in Bundesrat und Parlament“ könne die Armee die Sicherheit des Landes und seiner Bevölkerung nicht mehr garantieren. Damit sei die Staatsmaxime ausgehöhlt: „Wir sind weder ausreichend bewaffnet noch wirklich neutral.“ Der Bundesrat und die anderen Parteien plädierten für den Einzug der Schweiz in den Uno-Sicherheitsrat. Dies sei jedoch eine Katastrophe. Wegen ein paar eitlen Diplomaten, die in New York ans Rednerpult gehen dürfen, solle die Schweiz ihre Neutralität aufgeben. Gleichzeitig wollten die Links-Grünen aus Öl, Gas und Kernkraft aussteigen und die Sozialistische Partei (SP) fordere einen Gas-Boykott wegen des Rußland-Ukraine-Krieges. Chiesa bezeichnet dies als „Hühnerhofpolitik und ökologischen Blindflug“.

Auch der Weltwoche-Chefredakteur Roger Köppel sieht die Neutralität als Staatsmaxime und nicht als „moralisches Gebot“. Die Unterscheidung zwischen militärischen und wirtschaftlichen Sanktionen gegen Rußland würden sich für die Schweiz als trügerisch erweisen. Ökonomische Druckmittel könnten letztlich nach dem gleichen Maßstab wie militärische Maßnahmen beurteilt werden. Mit dieser Begründung hätten auch die Schweizer Verantwortungsträger 1938 die „umfassende Neutralität“ erklärt, die das Land im Zweiten Weltkrieg vor Tod und Zerstörung bewahrte. Doch sei von der damaligen Weisheit bei den heute Verantwortlichen nichts mehr zu spüren: „Glauben unsere Politiker allen Ernstes, die gegen Rußland ergriffenen Sanktionen würden keine Parteinahme der Schweiz im Krieg bedeuten?“ Das wichtigste Sicherheitsinstrument, die Neutralität, werde aufs Spiel gesetzt, aber der Staat müsse strikt neutral sein, alles andere mache ihn zur Partei im Krieg.

Verlags- und Redaktionsleiter Ulrich Schlüer bemerkt in seiner Kolumne „Spalte rechts“, daß eigenständige Gedanken durch linke Aktivisten skrupellos in „Rassismus“-Nähe gerückt würden. So werde bereits als „Rassist“ gebrandmarkt, wer Viktor Orbán als „beeindruckenden Politiker“ einstufe.

Weitere Beiträge befassen sich mit zwei „Anti-Abtreibungsinitiativen“ und der Abstimmung über das neue Transplantationsgesetz Mitte Mai.

Kontakt: Schweizerzeit Verlag, Postfach 54, CH-8416 Flaach. Das Einzelheft kostet 4 CHF, ein Jahresabo 100 CHF.  https://schweizerzeit.ch/