© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/22 / 20. Mai 2022

Finnland und Schweden wollen in die Nato
Moskau sorgt für Revitalisierung
Ferdinand Vogel

Schweden und Finnland schließen die Nordflanke und beenden ihre seit Jahrzehnten gepflegte Politik der Neutralität. Schuld daran ist nicht das Drängen der USA, sondern der Angriff Rußlands auf die Ukraine, der ein Umdenken innerhalb der nördlichen Länder verursacht hat. Die Nato dankt den Strategen Moskaus für ihre Revitalisierung in Europa. Erdoğans Veto ist nur ein Versuch die türkische Stimme innenpolitisch so teuer wie möglich zu verkaufen. Die Türkei war und ist nur ein Zweckpartner innerhalb der Bündnisses, der kulturell und ideologisch wenig mit den anderen Nato-Staaten zu tun hat. Erdoğan wird nun feilschen und sich neue monetäre Zuwendungen geben lassen, um letztlich der Nato-Erweiterung zuzustimmen. 

Daß die Diplomaten des Kremls in ihrem Werkzeugkasten erneut nur Drohgebärden und wenig subtile Andeutungen über Vergeltungsmaßnahmen finden können, spricht Bände über die dort vorherrschende Mentalität. Mit phantasievoller Rhetorik über russische Atomraketen, die die Britischen Inseln in apokalyptischen Tsunamis ertränken sollen, will die russische Führung im eigenen Staatsfernsehen Stärke demonstrieren. In der unmittelbaren Nachbarschaft wirken diese Ausfälle wie das Gebrabbel von Verrückten, die nicht mehr für normale Diplomatie empfänglich sind. Daß Finnland und Schweden die Einkreisung Westrußlands in Europa vollenden und nun auch die Enklave Kaliningrad einschließen, kann nicht Putins Plan gewesen sein. Aber es ist die nachvollziehbare Konsequenz seines Handelns.