© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 21/22 / 20. Mai 2022

Das komplexe CO2-Kosten-Stufenmodell der Bundesregierung
Drohender Sanierungszwang
Stefan Kofner

Angesichts explodierender Gas- und Heizölpreise erwägt die Bundesregierung nicht etwa eine Streckung der steigenden CO2-Bepreisung, sondern sie bemüht sich, die Kostenverteilung in den Griff zu bekommen. Das soll aber nicht mit Hilfe des im Koalitionsvertrag vorgesehenen Bürokratiemonsters „Teilwarmmiete“ (JF 14/22) geschehen, auch nicht einfach durch hälftige Kostenteilung zwischen Vermieter und Mieter, sondern mit einem komplexen CO2-Kosten-Stufenmodell. Die Modernisierungsumlage bleibt bis auf weiteres erhalten. Bisher tragen die Mieter ihre Heizkosten allein. In Zukunft muß der Vermieter in der Heizkostenabrechnung den CO2-Preis bedingten Teil der verauslagten Heizkosten gesondert ermitteln, und davon darf er – abhängig von der Gebäudeenergieklasse – nur einen Teil von den Mietern zurückverlangen.

Er zahlt also einen Teil der Heizkosten seiner Mieter. Das sind keine „Peanuts“, denn der CO2-Preis ist im Brennstoffemissionshandelsgesetz (JF 20/33) sportlich gestaffelt: von 25 Euro je Tonne 2021 auf 55 Euro 2025 – weitere Steigerungen vorbehalten. Die Ampel-Koalitionäre wollen damit zum einen die Mieter ein Stück weit vor den Folgen ihrer Klimapolitik schützen und zum anderen die Investitionsanreize für die energetische Gebäudesanierung verbessern. Ausgangspunkt ist die jährliche Menge an CO2-Emissionen für die gelieferte Brennstoffmenge pro Quadratmeter Wohnfläche, obwohl sich darin auch das Heizverhalten widerspiegelt. Die errechneten Emissionsmengen sind in zehn Effizienzstufen eingeteilt, und danach richtet sich der Vermieteranteil: Er kann zwischen 0 und 100 Prozent betragen. Der Vermieter soll investieren, um sein Gebäude in eine höhere CO2-Effizienzklasse zu befördern und damit seinen Heizkostenanteil zu senken. Entlastet werden aber zunächst vor allem die Mieter, die in energetisch ineffizienten Gebäuden wohnen. Das dürfte sich in deren Heizverhalten widerspiegeln.

Das Ganze ist eine maximalkomplexe Lösung eines Teilproblems. In Zukunft werden Mieter wohl Volkshochschulkurse belegen müssen, um ihre Heizkostenabrechnung zu verstehen. Ist diese Verkomplizierung des Heizkostenrechts vor dem Hintergrund der energetischen Sanierungsförderung und des bestehenden Mietpreisrechts wirklich erforderlich? Energetische Komplettsanierungen werden bis zu 55 Prozent der förderfähigen Kosten mit KfW-Zuschüssen zwischen 30.000 und 54.000 Euro je Wohneinheit üppig gefördert. Die Förderung von Einzelmaßnahmen beträgt immerhin noch 20 Prozent der förderfähigen Kosten. Andererseits haben sich die Anreize wegen der Kürzung der Modernisierungsumlage von elf auf acht Prozent und der Kappung auf drei Euro monatlich je Quadratmeter (zwei Euro bei Ausgangsmieten unter sieben Euro pro Quadratmeter) deutlich verschlechtert.

Die steigenden Zinsen haben die Renditen von entsprechenden Investitionen geschmälert, und bei der derzeitigen Baupreisinflation sind die Kappungen nun viel zu knapp bemessen. Hier muß man ansetzen, indem man etwa die Kappungen nur für energetische Modernisierungen aufhebt. Sozial nachsteuern kann man mit dem Wohngeld. Außerdem braucht es angesichts der technischen und rechtlichen Komplexität der Materie Beratungsangebote aus einer Hand, die Energieberatung, Maßnahmenplanung, Finanzierung und Förderung umfassen. Das ist besser, als Vermieter von Altbauten zu bestrafen und mit Sanierungszwang zu drohen.