© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/22 / 27. Mai 2022

Die indischen Hoffnungen wurden enttäuscht
Im Mai 1942 traf Subhas Chandra Bose, indischer Führer der Unabhängigkeitsbewegung, Hitler / Der verwies ihn an den japanischen Verbündeten
Thomas Schäfer

Neben dem „Mahatma“ Mohandas Karamchand Gandhi und dem „Pandit“ Jawaharlal Nehru war der „Netaji“ (Verehrte Führer) Subhash Chandra Bose die dritte große Galionsfigur der indischen Unabhängigkeitsbewegung und gleichzeitig auch ein erbitterter Gegenspieler von Gandhi und Nehru. Im Gegensatz zu den beiden wollte Bose, der 1939 den All India Forward Bloc gründete, die Kolonialmacht Großbritannien mit militärischen Mitteln zum Rückzug zwingen. Zudem initiierte er zu Beginn des Zweiten Weltkrieges eine Massenbewegung in Indien gegen den Einsatz einheimischer Soldaten auf seiten des Empire. Deshalb wurde Bose von den Briten erst inhaftiert und dann unter Hausarrest gestellt.

Stalin zeigte kein Interesse an indischer Unabhängigkeit

Aus diesem floh der Bengale alsbald nach Kabul. Dort erhielt er einen italienischen Paß auf den Namen Orlando Mazzotta. Mit diesem reiste Bose nach Moskau weiter, um die Sowjetführung um Hilfe zu bitten. Der Kreml ging jedoch nicht auf das Ersuchen ein, woraufhin sich der Netaji im April 1941 nach Deutschland begab. Hier weigerte man sich gleichfalls, die indische Unabhängigkeitsbewegung offiziell zu unterstützen. Allerdings durfte Bose in mehreren Rundfunkansprachen zur Befreiung des Subkontinents von den Briten aufrufen. Darüber hinaus wurde auf sein Betreiben hin im Dezember 1941 das Infanterie-Regiment (ind.) 950 der Wehrmacht, besser bekannt als „Legion Freies Indien“, aufgestellt. Darin dienten Inder, die für die Briten gekämpft hatten und dabei in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten waren.

Nach mehreren erfolglosen Anläufen gelang es Bose, am 29. Mai 1942 zunächst vom Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop und dann auch von Adolf Hitler in der „Wolfsschanze“ empfangen zu werden. Dieses Gespräch unter „Führern“ erbrachte indes nicht das Ergebnis, welches sich Bose erhofft hatte. Obwohl die NS-Führung Visionen ventilierte, bei einem erfolgreichen Verlauf der Sommeroffensive in Rußland in Richtung Afghanistan und Indien vorzustoßen. Geheime Pläne hatte der Führungsstab der Luftwaffe allerdings bereits im August 1941 in der „Orientierungsmappe Indien und Afghanistan“ vorbereiten lassen. Hitler verwies seinen Gast jedoch an die Japaner, weil die bereits sehr viel näher an die Kronkolonie herangerückt seien.

Deshalb begab sich Bose dann am 8. Februar 1943 an Bord des deutschen U-Bootes U-180, das ihn in den japanischen Machtbereich brachte. Dort avancierte er zum Führer der rund 40.000 Mann umfassenden Indian National Army (INA) sowie zum Chef einer von den Achsenmächten anerkannten Exilregierung unter dem Namen „Azad Hind“ (Freies Indien). Nach dem Scheitern aller Versuche, mit japanischer Rückendeckung in Indien einzumarschieren und die Macht dort zu übernehmen, wollte sich Bose nach Tokio absetzen. Dabei stürzte sein Flugzeug während eines Zwischenstopps in Taiwan ab. An den dabei erlittenen Verletzungen starb der „Netaji“ am 18. August 1945.

Foto: Subhas Chandra Bose (r.) beim Truppenbesuch in Deutschland 1942: Ein Einmarsch in Indien mit Hilfe der Japaner scheiterte