© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/22 / 03. Juni 2022

Kinderreiche werden entlastet
Nur ein mageres Zugeständnis
Hedwig von Beverfoerde

Wer hat im Alter das Geld, sich einen teuren Pflegedienst zu leisten? Diejenigen, die im Erwerbsleben am Monatsende Geld übrig hatten, um in die Altervorsorge zu investieren. Der Alleinverdiener-Vater einer kinderreichen Familie und die erwerbslose Vollzeitmutter ohne Rentenanspruch müssen auf ein intaktes Familiennetzwerk bauen. Denn bezahlen werden sie eine über das Minimum hinausgehende Pflegedienstleistung nicht können. 

Daran wollte das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung, Familien nur bei den Pflegeversicherungsbeiträgen nach Kinderzahl gestaffelt zu entlasten, offenbar nichts ändern. In puncto strukturelle Benachteiligung von Familien ist sie ein mageres Zugeständnis. Finanziell relevant sind die Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung. Hier bleibt die doppelte Belastung der Familien unangetastet und damit der ökonomische Anreiz gegen Kinder. 

Eltern investieren den letzten Cent in ihre Kinder, die künftigen Leistungsträger des Versicherungssystems, müssen aber die gleichen Sozialversicherungsbeiträge zahlen wie Kinderlose; Familien mit fünf Kindern genausoviel wie Familien mit nur einem Kind. Würde die Gesellschaft Erziehungsleistung wertschätzen, wären Kinderfreibeträge in der Sozialversicherung so selbstverständlich wie der Rentenanspruch von Müttern, die ihre Kinder selbst erziehen.






Hedwig von Beverfoerde ist Sprecherin der Familieninitiative „Demo für Alle“.