© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/22 / 03. Juni 2022

Unter Querfeuer
Der Staat greift hart gegen Corona-Kritiker durch – zwei neue Fälle von Hausdurchsuchungen
Mathias Pellack

Der Notarzt und Publizist Paul Brandenburg begrüßt seine Zuhörer gewohnt locker und wortgewandt: „Guten Morgen. Dies ist der Podcast für alle, die den Tag des Grundgesetzes nackt und gefesselt auf dem Boden ihres Fußbodens beginnen.“ Humorvoll beschreibt der vom Mainstream als „Corona-Leugner“ verschrieene Medienmacher die Situation, in der das SEK der Berliner Polizei seine Wohnung stürmt, ihn zu Boden ringt, sein Hab und Gut durchsucht. Die Behörden vermuten einen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz – andere Corona-Kritiker vermuten dahinter System.

Handys und Waffen seien dabei sichergestellt worden, sagen Polizei und Brandenburg übereinstimmend. Laut der Welt sei der Einsatz durch einen anonymen Hinweisgeber ausgelöst worden, der behauptet hatte, der Arzt und Jäger habe ein Sturmgewehr in seinem Besitz und habe Schießtrainings angeboten. Brandenburg aber erklärt, er habe für alle Waffen die nötigen Erlaubnisse. Schweres Geschütz sind allerdings auch die Argumente, welche der Arzt rhetorisch versiert und wissenschaftlich geschult bei vielen Gelegenheiten vorträgt: Masken seien nicht sinnvoll, die Corona-Pandemie sei klinisch nicht relevant, und die Lockdown-Maßnahmen seien völlig unangemessen gewesen. Thesen, die auch in Teilen der Wissenschaft diskutiert werden. Harter Tobak ist dagegen, daß er verantwortliche Politiker als „Faschisten“ bezeichnet, allerdings den Begriff immer wieder gegen den Nationalsozialismus abgrenzt.

Vier Langwaffen gesucht, vier Langwaffen gefunden

Das staatliche Vorgehen gegen ihn scheint den Notarzt allerdings nur wenig zu überraschen. Anfang April hatte er Post vom Berliner Staatsschutz bekommen, der ihm mitteilte, seine Waffenbesitzkarte, den Jagdschein und vier Lang- sowie zwei Kurzwaffen abnehmen zu wollen. Grund seien Äußerungen Brandenburgs zur Pandemie, die teils sicherheitsgefährdend gewesen seien und mit denen er in den Augen der Polizei zu zivilem Ungehorsam aufgerufen habe, schreibt die Welt. Brandenburg hatte anwaltlich um eine Fristverlängerung und Akteneinsicht gebeten. Bei der Hausdurchsuchung, die auch bei seiner Mutter und einem Bruder durchgeführt wurde, nahmen die Behörden demnach Datenträger, ein Elektroimpulsgerät, eine Luftdruckwaffe, vier Langwaffen, Munition, leere Impfampullen, Klebeetiketten und einen Blanko-Impfausweis aus Liechtenstein mit. Das unterstellte Sturmgewehr wurde aber nicht gefunden.

Die Vorgänge will Brandenburg auf anwaltlichen Rat nicht weiter kommentieren. Ähnlich scharf war die Polizei aber jüngst gegen einen Corona-Kritiker, der dem Querdenken-Netzwerk zugeordnet wird, vorgegangen. Dieser hatte das Bild eines Polizisten gepostet. Wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Urheberrecht schlug die Polizei seine Terassentür ein und durchsuchte seine Wohnung. Brandenburg kritisiert das Vorgehen gegenüber der JF: „Solche Schikanierer werden im Auftrag des Regimes weiter versuchen, Kritiker einzuschüchtern.“ Er habe da wenig Hoffnung, daß sich das bald bessere.

Vermieter kündigt: unterstellte Beteiligung an „Allesdichtmachen“ 

Der engagierte Publizist, der auch schon 2015 öffentlich in einem Buch und bei Günther Jauch auf das Hauptproblem des deutschen Gesundheitssystems hingewiesen hat – den Mangel an Fachkräften –, war bereits vor einem Jahr öffentlich unter Beschuß geraten. Medien wie der Tagesspiegel munkelten, er sei einer der Hauptautoren hinter der erfolgreichen Video-Aktion „Allesdichtmachen“. Das Blatt sah sich später allerdings gezwungen, zurückzurudern und erklärte: „Wir haben ihn (P. Brandenburg) mit Äußerungen (...) zitiert und diese als ‘antidemokratisch’ bezeichnet. Dieser Begriff ist durch Brandenburgs Äußerungen nicht gedeckt.“

Doch da war die Schmähung bereits in der Welt. Eine Angestellte der SPD-Bundestagsfraktion, Stephanie Weyand, sorgte sich in der Folge offenbar um ihren Ruf, da sie zusammen mit dem nun medial stigmatisierten Brandenburg eine Fläche zwecks des Betriebs eines Corona-Testzentrums gemietet hatte. Weyand, die Ansprechpartnerin für den „Medienpolitischen Dialog“ ist, beschwerte sich bei der Hausverwaltung, ihr Mitmieter sei ein „Antidemokrat“ und ein „Coronaleugner“. Dieser kündigte dem Arzt. Brandenburg sollte innerhalb von drei Tagen ausziehen.

Auch andere Kritiker der Corona-Politik hatten schon Hausdurchsuchungen zu erdulden: So durchwühlten Steuerfahnder im Sommer 2021 Stefan Hockertz Wohnung, der bis 2004 eine Professur für Molekulare Immuntoxikologie innehatte und sich nach der Durchsuchung in die Schweiz absetzte. Ebenso erging es acht Weimarer Richtern und Gutachtern, denen zur Last gelegt wurde, sich verabredet zu haben, die Maskenpflicht an Schulen für verfassungswidrig zu erklären. „Rechtsbeugung“ lautet der Vorwurf, zu dem die Erfurter Staatsanwaltschaft Untersuchungen anstellt. Bereits Ende des vergangenen Jahres, so schreibt der Spiegel, hätte das zur Anklage gebracht werden sollen. Die Anschuldigungen stehen weiter im Raum. Eine JF-Presseanfrage diesbezüglich bleibt unbeanwortet.