© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/22 / 03. Juni 2022

Ein David gegen viele Goliaths
Der rasche Sieg gegen die Übermacht der arabischen Nachbarn im Sechstagekrieg 1967 sicherte die Existenz Israels bis heute
Gregor Maurer

Der Sechstagekrieg versetzte die arabische Welt in einen traumatischen Schockzustand. In nicht mal einer Woche gelang es dem quantitativ deutlich unterlegenen Israel, seine Nachbarn militärisch zu demütigen und sein beherrschtes Territorium im Nahen Osten zu verdreifachen. 

1964 wurde auf den arabischen Gipfelkonferenzen von Kairo und Casablanca nicht nur beschlossen, den Kampf gegen Israel zu verstärken, sondern außerdem die neu gegründete „Palästinensische Befreiungsorganisation“ (PLO) als politische Vertretung der Palästinenser anerkannt. Im Januar 1965 begann als Konsequenz daraus die „al-Fatah“ mit Terroranschlägen in Israel. Nicht minder bedrohlich waren die regelmäßigen Artillerieattacken der Syrer von den Golanhöhen auf die benachbarten israelischen Orte bis hin zum See Genezareth. Die dortige Bevölkerung lebte also in ständiger Angst und Unsicherheit – ein auf Dauer unhaltbarer Zustand. 

Nachdem am 4. November 1966 Syrien und Ägypten einen Verteidigungspakt unterzeichnet hatten, spitzte sich Anfang 1967 die Lage dramatisch zu. Ägyptens Präsident Gamal Abdel Nasser bereitete sein Land auf einen totalen Krieg gegen Israel vor und betonte, es in naher Zukunft zerstören zu wollen. Am 15. Mai zog Ägypten dann auf dem entmilitarisierten Sinai massive Truppenkontingente zusammen. Zudem sperrte es am 22. Mai erneut die Straße von Tiran, was von Israel als Kriegsgrund gewertet wurde, da die freie Schifffahrt zur Hafenstadt Eilat für das Land lebensnotwendig war. 

Auch Irak und Saudi-Arabien setzten am 25. Mai Truppenteile Richtung israelische Grenze in Marsch. Am 30. Mai schloß Ägypten mit Jordanien, am 4. Juni mit dem Irak ein Militärabkommen. Angeheizt wurde die Stimmung durch zusätzliche Äußerungen führender arabischer Politiker, die in Israel, nun von drei Seiten eingekreist, keinen Zweifel am Ernst seiner Lage aufkommen ließen. Rund um Israel boten die arabischen Streitkräfte insgesamt gut 250.000 Mann, etwa 2.400 Panzer und rund 700 Kampfflugzeuge auf. 

Die damals eroberten Golanhöhen sind bis heute in israelischer Hand

Israel gelang es, sein stehendes Heer von 50.000 Soldaten durch Einzug seiner Reservisten auf 264.000 Mann zu verstärken und ging am 5. Juni 1967 in Form eines Präventivschlags gegen Ägypten selbst in die Offensive, indem es dessen Luftwaffe noch am Boden komplett zerstörte. Parallel dazu rief es Jordaniens König Hussein auf, sich aus dem Krieg herauszuhalten, wobei ihm versichert wurde, daß er nicht angegriffen werde, wenn sich seine Truppen ruhig verhielten. Jordanien lehnte ab und eröffnete aufgrund eines ägyptischen Funkspruchs über vermeintliche Siege vielmehr Artilleriefeuer auf Westjerusalem, woraufhin Israel zum Gegenangriff überging. Gegen Mittag waren dann die jordanische und beinahe die Hälfte der syrischen Luftwaffe ausgeschaltet, so daß Israel die komplette Lufthoheit besaß und rasch an allen Fronten die Überlegenheit gewann. 

Am 7. Juni wurde die Altstadt von Jerusalem im zähen Straßenkampf erobert, um die Heiligen Stätten nicht zu gefährden. Bereits kurz nach 10 Uhr waren der Tempelberg und die Klagemauer in israelischer Hand. Nachdem am 8. Juni die jordanischen Streitkräfte besiegt worden waren, war das gesamte Westjordanland unter israelischer Kontrolle. Nach drei Tagen wurde der Suezkanal erreicht. Ägypten akzeptierte am 9. Juni den Waffenstillstand. Am gleichen Tag griff Israel die syrischen Stellungen auf den Golanhöhen an und eroberte am 10. Juni das strategisch bedeutende Hochplateau. Mit der Einnahme Kuneitras waren israelische Verbände bis etwa 65 Kilometer vor Damaskus vorgestoßen. 

Mit einem von dem UN-Sicherheitsrat verfügten Waffenstillstand endete am 10. Juni der Sechstagekrieg mit einem totalen militärischen Triumph Israels und einer gleichzeitigen tiefen Demütigung des arabischen Nationalgefühls. Israel hatte die gesamte Sinaihalbinsel, den Gazastreifen, die Westbank und die Golanhöhen erobert. Es besaß erstmals sichere Grenzen, die leichter gegen einen Großangriff zu verteidigen waren als jene von 1949. Der Sinai bot die strategische Tiefe des Raumes und die Besetzung der Golanhöhen beendete den jahrelangen Beschuß israelischer Siedlungen durch syrische Artillerie. Israels neuer Machtbereich umfaßte nun mehr als das Dreifache seines Kernlands. 

Rund eine Million Palästinenser gerieten unter israelische Besatzung. Im November 1967 beschloß der UN-Sicherheitsrat die Resolution 242, die unter anderem den Rückzug aus den besetzten Gebieten, die Einstellung aller kriegerischen Erklärungen, die Anerkennung der Souveränität aller Staaten der Region sowie eine gerechte Lösung des Flüchtlingsproblems beinhaltete. Israel akzeptierte die Resolution. Sein Angebot, über den Rückzug aus den besetzten Gebieten – jedoch nicht aus Ostjerusalem – mit den betroffenen arabischen Staaten jeweils in direkte Verhandlungen zu treten, wurden von diesen jedoch abgelehnt. Sie fühlten sich vielmehr durch die UN-Resolution bestärkt. Nicht umsonst formulierte die Arabische Liga zwei Monate nach Ende des Krieges auf ihrer Konferenz in Karthum dann kategorisch ihre drei „Nein“ zu Israel: keine Anerkennung, kein Frieden, keine Verhandlungen. 

Am 6. Oktober 1973 (Jom Kippur) starteten Ägypten und Syrien einen koordinierten Überraschungsangriff auf Israel. Dieser Revanchekrieg dauerte drei Wochen; erst nach einer Woche hatte sich die israelische Armee vom Anfangsschock erholt und ging zum Gegenangriff über. Am 25. Oktober kam es zum Waffenstillstand. Als wichtigstes Ergebnis bleibt jedoch festzuhalten, daß Israel erstmals an die Grenzen seiner militärischen Macht gestoßen war. 

Der Krieg von 1967 war für Israel zweifellos ein militärischer Triumph und schuf zunächst den Mythos der Unbesiegbarkeit der israelischen Armee. Auf arabischer Seite stärkte er die extremen Kräfte und verschaffte den Islamisten Aufwind, was mit zur Gründung der Hamas führte, die heute die palästinensische Autonomiebehörde regiert. 

Der al-Quds-Tag ruft weltweit zur Wiedereroberung Jesrusalems auf 

Auch der sogenannte al-Quds-Tag (Internationaler Jerusalemtag) trug zur Radikalisierung bei. Ausgerufen 1979 vom damaligen iranischen Revolutionsführer Ajatollah Chomeini, richtet er sich gegen die israelische Besetzung von Ostjerusalem, gegen Israels Präsenz im Westen der Stadt und generell gegen dessen Existenz als Staat. Seit 1988 wird er gemäß einem Beschluß der Organisation für Islamische Zusammenarbeit zudem in anderen islamischen Ländern veranstaltet. Auch in den USA, Österreich und Großbritannien finden alljährlich al-Quds-Tage statt, in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre, wobei es dabei immer wieder zu antisemitischen Parolen seitens in Deutschland lebender Palästinenser kommt.