© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/22 / 10. Juni 2022

Ländersache: Baden-Württemberg
Abschied auf Raten
Kurt Zach

Den Juristen im grün-schwarz regierten „The Länd“ geht die Arbeit nicht aus. Einstimmig hat der Landtag einen Untersuchungsausschuß zu fragwürdigen Beförderungspraktiken in der Landespolizei eingesetzt. Aufhänger ist der Skandal um den Landespolizeiinspekteur, der einer Beamtin Karriereförderung gegen sexuelle Gefälligkeiten angeboten haben soll. Eigentliches Zielobjekt der Opposition aus SPD, FDP und AfD ist indes der oberste Dienstherr: Innenminister Thomas Strobl, zugleich CDU-Landesvorsitzender. 

Der Stellvertreter des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann hat sich mit seiner Selbstverteidigungsstrategie selbst eine Grube gegraben. Um jeden Verdacht wegzuwischen, den hohen Polizeiführer zu decken, hatte Strobl ein Schreiben von dessen Anwalt an die Medien weitergegeben, in dem dieser ein „persönliches Gespräch“ zur „Vermeidung eines Gerichtsverfahrens“ angeboten hatte.

„Solche Deals“ seien mit ihm nicht zu machen, brüstete sich Strobl, als er die Durchstecherei schließlich zugab. Allerdings erst Monate später, was seinen Anspruch auf „maximale Aufklärung“ und „Transparenz“ nicht gerade stützt, und auch lange nachdem er dem Staatsanwalt die Genehmigung zu Ermittlungen wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses versagt hatte. Ermittelt wurde trotzdem, sogar mit einer Razzia im Innenministerium – wegen des Verdachts verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen.

Für die Opposition eine Steilvorlage. „Wenn die Regierung die Gewaltenteilung untergräbt, ist es Aufgabe der Opposition, alles für deren Erhalt zu geben“, verkündet der AfD-Innenpolitiker Hans-Jürgen Goßner. Alle drei Oppositionsparteien fordern Strobls Kopf, Goßner und der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke attackieren auch den Ministerpräsidenten selbst. Der schweigt und stützt seinen Vize; der Koalitionsfrieden hat für Winfried Kretschmann oberste Priorität. Um so lauter streiten die Juristen, besonders die von Strobl aufgebotenen. Das Anwaltsschreiben sei ja gar nicht „amtlich“ und folglich auch kein „Dienstgeheimnis“, argumentiert ein Berliner Medienanwalt; der Minister habe doch nur den „Informationsanspruch eines Pressevertreters“ erfüllt. 

Angeschlagen ist Thomas Strobl trotz solcher Winkelzüge. Selbst die Regierungsfraktionen stimmten für den Untersuchungsausschuß. Ausgerechnet der grüne Ministerpräsident ist inzwischen seine festeste Stütze. 

Landesvorsitzender ist der ehrgeizige Schwiegersohn des CDU-Patriarchen Wolfgang Schäuble seit dem Machtverlust an die Grünen 2011, mit konstant mauen Ergebnissen. 2021 verlor er das Landtagsmandat, 2022 auch den Vizeposten im Bundesvorstand. Statt die Macht im Südwesten zurückzuholen oder wenigstens Bundesminister zu werden, blieb ihm nach dem Wechsel aus dem Bundestag in die Landesregierung 2016 nur die undankbare Rolle als Kretschmanns Kellner. 

Die ist für ihn auch die Endstation. In Thomas Strobl personifiziert sich der Abstieg der von den Grünen ausgezehrten Landes-CDU. Jetzt naht das Ende der Karriere mit noch rascheren Schritten.