© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/22 / 10. Juni 2022

Grüße aus … Rom
Pest und Plagen in der Ewigen
Paola Bernardi

Rom, die Ewige Stadt, hat in ihrer zweieinhalbtausendjährigen Geschichte schon viele Invasionen erlebt: von den Galliern, über die Karthager, ja bis zu den Touristen aus aller Welt, die die Stadt täglich überfluten und vereinnahmen. Während letztere die Kassen der Hotels, Restaurants und Geschäfte füllen, hat sich ein neuer Eroberungs-Typus Roms bemächtigt: die Wildschweine. Es war sowieso nur eine Frage der Zeit, bis die Borstenviecher die Regie in gewissen Stadtteilen übernehmen würden. 

Denn die frühere Bürgermeisterin von Rom, Virginia Raggi (von der Fünf-Sterne-Bewegung), bekam während ihrer gesamten Amtszeit die Müllverwertung der Stadt partout nicht auf die Reihe: Bergeweise türmte sich tagelang auf den Gehwegen der Müll aus überquellenden Containern. Die Wildschweine hatten eine reiche Futterkrippe, vermehrten sich auch dementsprechend.

Nach Auskunft des Bauernverbandes sollen rund 23.000 Wildschweine Rom bevölkern. Die Römer reagieren stoisch auf diese Plage. Mitunter aber auch entzückt, wenn sie eine Wildschweinbache mit ihren Frischlingen die Tonnen durchwühlen sehen. Man zückt das Handy, wenn ein ausgewachsener Keiler langsam über die Fußgängerstreifen trottet. Mitunter ereigneten sich auch Unfälle, wenn in der nächtlichen Dämmerung Wildschweine mit Autos kollidierten. 

Nach der langen Covid-Zeit löst das Wort „Viren“ sofort Panik aus. Bloß keine Seuche.  

Doch kein Römer möchte als „Tierfeind“ gelten, und so wurden die Wildschweine in der Kapitale schweigend akzeptiert. Doch jetzt ist Schluß damit. Denn nun wurde bei einem Wildschweinkadaver im nördlichen Rom Schweinepest diagnostiziert. Der Erreger soll für Menschen harmlos sein, doch für Hausschweine gefährlich. Nach der langen Covid-Zeit löst das Wort „Viren“ sofort Panik aus. Bloß keine Seuche, sprich „Schweinepest“ will die römische Stadtverwaltung riskieren. 

Der Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Andrea Costa, ließ sofort „Kontroll- und Tötungspläne“ erstellen. Denn nicht nur die 50.000 Hausschweine in der Region Latium sind bedroht, sondern man fürchtet auch das Wegbleiben der Touristen. Ein Aktionsplan für Rom wurde verabschiedet. So wurde eine „rote“ Zone eingerichtet, die vom nördlichen Autobahnring bis zum Vatikan reicht. Das im Sommer so beliebte Picknick auf dem Rasen im Park ist ab sofort verboten. Besucher, die sich in öffentlichen Gärten und Parks in der nördlichen Gegend von Rom aufhalten, werden ermahnt, ihre Schuhe später zu desinfizieren. Das Füttern von Wildschweinen ist ebenso strikt verboten. Zudem wurde noch eine Ausgangssperre von 20.30 Uhr bis zum Morgen verhängt. 

Roms Bürgermeister Roberto Gualtieri plant jetzt eine Müllverbrennungsanlage für die Stadt. Schon wettern die Abgeordneten der Fünf-Sterne-Bewegung: „Es ist ein eklatanter Widerspruch zur Kreislaufwirtschaft.“