© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/22 / 10. Juni 2022

Die Ausgrenzung mit Finten umgehen
Flandern: Die Wahl des beliebten ehemaligen Vlaams-Belang-Politikers Bart Laeremans zum Bürgermeister schmeckt den Linken nicht
Mina Buts

Betroffen hält der alte Mann in Trekkingsandalen sein Schild hoch: „Stoppt extremrechts“. Verschiedene Oppositionsparteien haben sich vor dem Rathaus von Grimbergen versammelt, um ihren Unmut zu äußern. „In Wirklichkeit ist Laeremans ein getarnter Vlaams Belanger. Vernieuwing hat sich nie von dieser Partei distanziert. Er ist der erste rechtsextreme Bürgermeister des Landes“, heißt es. Sie alle sind gekommen, um ein Zeichen gegen die Vereidigung des neuen Bürgermeisters zu setzen. In dieser Stadt mit gerade mal 38.000 Einwohnern gibt es nämlich nicht nur ein berühmtes Abteibier, sondern seit vergangener Woche mit Bart Laeremans auch einen Bürgermeister, der einst Abgeordneter beim Vlaams Belang war.

Laeremans, der seit Jahrzehnten auch Kommunalpolitik für Grimbergen macht, war mit seiner Liste „Vernieuwing“ (Erneuerung) 2018 Wahlsieger. 3.800 Vorzugsstimmen waren auf ihn entfallen, dreimal soviel wie auf den Zweitstärksten. Daß er damals nicht Bürgermeister wurde, begründete die damalige Koalition aus N-VA, Liberalen und seiner Liste taktisch. Doch nun scherten die Liberalen aus, die Christdemokraten ein, und seit einer Gesetzesänderung aus dem vergangenen Jahr muß derjenige Bürgermeister werden, auf den bei der Wahl die meisten Stimmen entfielen. 

Der entthronte Vorgänger sieht die Demokratie in Gefahr

Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT kann Laeremans seine Freude über das neue Amt nicht verhehlen: Seine Partei sei schon 2018 stärkste Kraft gewesen, er selbst hätte sich mit dem Amt eines Beigeordneten begnügt. 18 der 33 Stadträte hätten ihn nun aber zum neuen Bürgermeister gewählt. Das sei ein eindeutiges Votum. Im übrigen seien die Demonstranten ausschließlich aus den Reihen der Grünen, der Sozialisten und der Marxisten der PvdA gekommen.

Laeremans Wahl polarisiert. Sein entthronter Vorgänger im Amt, Chris Selleslagh von den Liberalen, schimpft, die Demokratie sei jetzt „weg“. Und die Wochenzeitung Knack titelt, die Wahl sei eine „gute Nachricht“ für den Vlaams Belang. Doch deren Parteivorsitzender Tom van Grieken relativiert dies. Zwar sei er „unglaublich froh“ über die Wahl Laeremans’, doch bedeute dies keineswegs, wie behauptet, ein Ende des „Cordon Sanitaire“, der andauernden Ausgrenzung des Vlaams Belang. Laeremans hatte die Partei 2015 mit einer deutlichen Absage an Rassismus und Diskriminierung verlassen.

Tatsächlich kommt Laeremans aus einer Familie mit einer langen Tradition in der flämischen Bewegung: Sowohl sein Großvater als auch sein Vater waren aktiv bei der „Volksunie“, einer Vorgängerpartei des Vlaams Belang. Sein Bruder Jan ist Abgeordneter des Vlaams Belang, ein anderer Bruder journalistisch für Doorbraak, das führende Magazin der flämischen Bewegung, tätig. Bart selbst wurde in der nationalen Studentenverbindung NSV, dem Sprachenkomitee TAK und der VVB, dem größten Sammelbecken der flämischen Bewegung, sozialisiert. 1995 wurde er Mandatsträger des Vlaams Belang, zog aber bei der Wahlschlappe 2014 nicht wieder ein und verließ ein Jahr später die Partei. Distanziert hat er sich vom Vlaams Belang nie, doch der Kurs von Filip Dewinter sei ihm zu aggressiv und fremdenfeindlich gewesen. „Ich sehe mich nicht als Extremisten“, so Laeremans gegenüber der JF. Nationale Flamen dürften ihm dennoch ihre Stimme gegeben haben. Bei den Kommunalwahlen tritt der Vlaams Belang in Grimbergen nämlich nicht an.