© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/22 / 10. Juni 2022

Mieterhöhungen: Bei 7,9 Prozent Inflation liegen die Nerven blank
Kevin Kühnert gegen Vonovia
Stefan Kofner

Die Inflationrate ist im Mai auf 7,9 Prozent gestiegen. Hauptpreistreiber waren mit 38,3 Prozent Zuwachs innerhalb eines Jahres die Energiekosten. Daß die Nettokaltmieten nur um 1,6 Prozent gestiegen sind, wird vor diesem Hintergrund kaum wahrgenommen. Mehr schafft auch die Vonovia – der mit Abstand größte deutsche Vermieter – nicht, wenn man von Modernisierung und Neubau absieht. Doch „wenn die Inflation dauerhaft bei vier Prozent liegt, müssen auch die Mieten künftig jährlich dementsprechend ansteigen. Sonst werden viele Vermieter in ernsthafte Schwierigkeiten geraten“, warnte Konzernchef Rolf Buch vorige Woche im Handelsblatt.

Das war natürlich eine Steilvorlage für die kapitalismuskritischen Politiker aus dem Ampel-Regierungslager. An der Spitze der SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, der Buch angesichts der hohen Dividenden mit weiteren Regulierungen droht. Der Dax-Konzern Vonovia schüttet tatsächlich mehr als 70 Prozent seines operativen Cashflows in Höhe von gut 1,8 Milliarden Euro als Bar- oder Aktiendividende an die Aktionäre aus. Dem stehen 2021 zwei Milliarden Euro Bestandsinvestitionen gegenüber, die allerdings größtenteils durch neue Schulden finanziert wurden und die mit spürbaren Mietsteigerungen verbunden sind. Bei den Bestandsmieten läßt das starre deutsche Mietpreisrecht mit der selbstreferentiellen Vergleichsmiete im Zentrum dagegen nur bescheidene jährliche Mietsteigerungen zu. Die Vonovia geht in ihren eigenen Bewertungsmodellen bislang von 1,6 Prozent Mietsteigerung jährlich in den nächsten zehn Jahren aus. Ungebremst steigen dagegen bei Inflation die Verwaltungs- und Instandhaltungskosten – und das nicht nur bei Vonovia.

Noch viel bedrohlicher ist für kapitalmarkt­orientierte Immobilienunternehmen die Zinsentwicklung. Die IFRS-Bilanzen börsennotierter Vermieter bestehen zu großen Teilen nur aus heißer Luft. So hat die Vonovia in den vergangenen zehn Jahren ihre Immobilienwerte um 28 Milliarden Euro voll ertragswirksam hochgeschrieben. Diese Wertzuwächse werden sich bei steigenden Zinsen sukzessive in Luft auflösen. In Zukunft dürfte der Fokus daher auf Kostensenkungen und Wohnungsverkäufen bei reduzierter oder ausgesetzter Dividende liegen. Eine weitere Verschärfung der preisrechtlichen Bestimmungen ist also nicht notwendig.