© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/22 / 10. Juni 2022

Zeitschriftenkritik: The European Conservative
Alle Spielarten beleuchten
Björn Harms

Der Markt an konservativen Kulturmagazinen ist in Europa überschaubar. Seit nunmehr über fünf Jahren versucht The European Conservative eine entsprechende Lücke zu schließen. Als „akademisch, intellektuell und theoretisch“ versteht sich die Vierteljahreszeitschrift, deren Hauptaugenmerk auf den Bereichen „Philosophie, Politik und Kunst“ liegt. Dabei will man „die verschiedenen Spielarten des konservativen, traditionalistischen, reaktionären und rechtsgerichteten Denkens in Europa und der ganzen Welt beleuchten“.

In ihrer aktuellen Ausgabe präsentiert das Magazin seinen Lesern einen deutschen Autorenschwerpunkt. Eingeleitet wird die Ausgabe durch einen Aufsatz des ehemaligen FAZ-Kolumnisten Karl-Peter Schwarz, in dem die Rußland-Nato-Historie nochmals näher beleuchtet wird. Schwarz’ kühne These zum Ukraine-Krieg: „Rußland ist international isoliert.“ Angesichts der Tatsache, daß China, Indien und zahlreiche andere Staaten weiter fleißig russisches Öl einkaufen und der Rubel so stark ist wie seit 2017 nicht mehr, dürfte sie mindestens diskussionswürdig sein. 

JF-Chefredakteur Dieter Stein rechnet in einem Essay mit der schwerfälligen deutschen Regierungspolitik ab, die seit Jahren nicht nur für ein Abwirtschaften der Bundeswehr gesorgt, sondern das Land durch Masseneinwanderung und Energiewende auch vor ganz neue Herausforderungen gestellt hat. Im Zuge des Ukraines-Krieges müßten deutsche Moralisten plötzlich lernen, „zu denken statt zu fühlen“. 

Zudem wirft AfD-Europaabgeordneter Nikolaus Fest einen Blick zurück auf den berühmten Historikerstreit, den Ernst Nolte 1986 mit einem Aufsatz in der FAZ ausgelöst hatte. Der AfD-Politiker stellt die Debatte in einen aktuellen Zusammenhang. Während sein Vater Joachim Fest, damaliger Herausgeber der FAZ noch geglaubt hatte, daß es irgendwann damit zu Ende gehe, Hitler als eine Art Antithese zu bewahren und ihn für politische Zwecke einzusetzen, widerspricht ihm sein Sohn: „Er lag wahrscheinlich niemals mehr falsch, als bei dieser Frage“, schreibt er. „Das einzige, was es nicht mehr gibt, ist Redefreiheit und damit Demokratie.“

Immer wieder beschäftigt sich The European Conservative auch mit den Grundlagen des heutigen Konservatismus. Auf mehreren Seiten wird Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán zu diesem Thema interviewt. Passend dazu fragt sich der portugiesische Historiker Jaime Noquira Pinto im aktuellen Heft: „Was ist die Rechte?“ Sollen Konservative immer nur stillschweigende Begleiter des Zeigeistes sein? Er antwortet mit Edmund Burke: „Wir müssen reformieren, um etwas zu bewahren.“

Kontakt: European Conservative Nonprofit Ltd., H-1016 Budapest, 49.-53. Somlói Road, Hungary

 www.europeanconservative.com/