© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/22 / 10. Juni 2022

Blick in die Medien
Vorstellung und Wirklichkeit
Tobias Dahlbrügge

Gedacht als eine bessere Welt, in der jeder machen kann, was er will, bietet die Plattform Metaverse vom Internetkonzern Meta von Mark Zuckerberg (vorher Facebook) gemeinsam nutztbare virtuelle 3D-Räume, in denen Anwender laut Werbung „leben, lernen, arbeiten und feiern“.

Eine Reporterin, die über ihre Erfahrung in der Pixel-Gesellschaft berichten wollte, behauptet nun, bereits nach einer Stunde sei ihre graphische 3D-Vertreterin „vergewaltigt“ worden. Zwei männliche Charaktere hätten sie aufgefordert, den automatisch voreingestellten Personenabstand von etwa einem Meter auszuschalten. Dieser existiert, um Übergriffigkeiten zu vermeiden. Offenbar folgte die Reporterin der Aufforderung. Die „Männer“ hätten dann obszöne Bemerkungen gemacht und einer habe ihre Nutzerfigur „vergewaltigt“.

Kein Einzelfall: Weitere Opfer fanden sich, die vorgaben begrapscht oder beleidigt worden zu sein

Die Szene ist auf einem Videomitschnitt dokumentiert, erklärt die Initiative „SumOf­Us“, eine gemeinnützige Internet-Verbraucherschutzbewegung. Die Reporterin berichtete: „Einerseits dachte ich ‘Was passiert mir?!’, andererseits ‘Das ist kein wirklicher Körper’. Und dann noch: ‘Das ist wichtige Forschung’.“ SumOfUs geht in die Offensive, denn es soll sich nicht um einen Einzelfall handeln: Weitere Opfer fanden sich, die vorgaben begrapscht, beleidigt oder mit Schußwaffen bedroht worden zu sein. Unter den bisher ca. 300.000 Nutzern scheint es zuzugehen wie in Sodom und Gomorrha. Oder zumindest wie in der echten Welt.

Eine Sprecherin des Konzerns empfahl, die zahlreichen Sicherheitsfunktionen zu aktivieren, die das System biete, gelobte aber, diese Schutzmöglichkeiten noch weiter zu verbessern. Ein anderer Meta-Vertreter äußerte sich jedoch skeptisch. Manager Nick Clegg sagte, eine scharfe Kontrolle wie in sozialen Medien könne und solle im Metaversum nicht stattfinden. Im Internet gäbe es wie in der realen Welt unangenehme Personen, die unerfreuliche Dinge tun. Leute, die Technologien mißbrauchen wollen, fänden dazu immer irgendeinen Weg. Diese ideelle Welt, die Zuckerberg schaffen will, um sein wankendes Imperium zu stützen, bekommt jedenfalls arge Risse.