© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/22 / 10. Juni 2022

Billiger wird’s nimmer
Bundesländer verständigen sich auf Reform des ÖRR / Mehr Digitales, weniger Spartensender
Ronald Berthold

Die angekündigte Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bleibt bisher ein Reförmchen. Auf ihrer Konferenz vergangene Woche haben die Ministerpräsidenten nur kleine Neuerungen beschlossen. Der Staatsvertrag wird vor allem in zwei Punkten geändert. Zum einen soll der Fokus künftig vermehrt auf Streaming-Angeboten in den Mediatheken liegen. Zum anderen bleibt es ARD und ZDF überlassen, ob sie ihre zahlreichen Spartenkanäle im analogen Fernsehen verringern.

Die Formel, auf die sich die Länderchefs geeinigt haben, lautet: Der Markenkern von ARD, ZDF und Deutschlandfunk solle sichtbarer werden. Doch wie ist dieser Markenkern definiert? Dazu gehören laut der Ministerpräsidentenkonferenz „Kultur, Bildung, Information und Unterhaltung“. Gerade um die Unterhaltung im Programm und welchen Stellenwert diese haben solle, hatte es zuvor heftige Debatten gegeben. Man brauche eine breite Verständigung darüber, was den Markenkern in der heutigen Zeit ausmache, hatte es im Vorfeld geheißen. Dafür jedoch bleibt der Beschluß relativ schwammig. 

Die Ministerpräsidenten einigten sich zu dieser Streitfrage auf die nicht sehr eindeutige Formulierung „wenn dies einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entspricht“. So drückte es die Vorsitzende der Rundfunkkommission und rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Marie-Luise („Malu“) Dreyer (SPD) im Anschluß aus. Wie das gesamte Programm, so ist auch die Ausgestaltung des Markenkerns traditionell Sache der Sender. Ob damit auch die Kritik privat betriebener Medien endet, erscheint deshalb ebenfalls zweifelhaft. Denn die hatte sich daran entzündet, daß die Öffentlich-Rechtlichen ihren Kernauftrag zugunsten der Unterhaltung vernachlässigten und damit eine unzulässige Konkurrenz darstellten.

Der Beschluß zur Digitalisierung sieht vor, daß ARD und ZDF demnächst Filme und Serien schon vor der Ausstrahlung im Fernsehen oder unabhängig davon als Stream veröffentlichen können. Zumindest ersteres geschieht bereits seit geraumer Zeit. Es scheint, als ob die Ministerpräsidenten nicht in die Mediatheken der Sender geschaut hätten, bevor sie die Änderung beschlossen. Es gehe darum, Bürger dort zu erreichen, wo sie sich medial aufhielten, begründete Dreyer die Entscheidung, die nur das umsetzt, was längst Realität ist. Zwar mag sich der Staatsvertrag ändern, für die Zuschauer bleibt jedoch alles beim alten.

Die Einigung der Länder-Regierungschefs bildet die Grundlage dafür, einen geänderten Entwurf des Staatsvertrags zu erarbeiten. Liegt dieser vor, wird er in den 16 Parlamenten der Bundesländer debattiert werden. Bisher war deren einhellige Zustimmung nötig. Doch seit dem vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten Widerstand Sachsen-Anhalts gegen die jüngste Erhöhung des Rundfunkbeitrages ist diese praktisch grantiert.

Um die weitere Finanzierung der Sender geht es bislang noch nicht. Die soll Teil eines zweiten Reformschritts werden. Dann steht auch wieder die Erhöhung des Rundfunkbeitrages von aktuell monatlich 18,36 Euro auf der Tagesordnung.