© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/22 / 10. Juni 2022

Leserbriefe

Zu: „Nur ein mageres Zugeständnis“ von Hedwig von Beverfoerde, JF 23/22

Ein jämmerliches Urteil

Eltern nähren, pflegen, erziehen und bilden ihre Kinder mit enormem Kostenaufwand. In den Abgaben zu den Sozialversicherungen werden sie aber rechtswidrig so behandelt, als hätten sie keine Kinder. Sechzehn Jahre lang klagten sich Elternpaare wegen ihrer doppelten Abgaben in die Sozialversicherungen (Kranken-, Renten-, Pflegeversicherung) durch die Instanzen mit dem dürftigen Ergebnis, daß das BVerfG allein bei der Pflegeversicherung künftig die Kinderzahl der Arbeitnehmer berücksichtigt. Für die Kranken- und die Rentenversicherung soll die Kinderzahl auch weiterhin keine Rolle spielen. Ein jämmerliches Urteil! 

Dabei wird argumentiert, die Kinder seien ja „beitragsfrei mitversichert“ – eine grobe Fehleinschätzung! Der Arbeitnehmer muß über seine Fürsorgepflicht sein Einkommen mit der Anzahl seiner erwerbslosen Familienmitglieder teilen. Sein Bruttogehalt von monatlich zum Beispiel 3.200 Euro, für das er knapp 8 Prozent in die KV abführt, schrumpft bereits mit der Auszahlung bei drei Kindern auf 800 Euro. Wären die Kinder beitragslos mitversichert, hätte der Vater nur für seine persönlichen 800 Euro Beiträge zu entrichten, also 64 Euro. Von ihm werden aber 4mal 64 Euro, also 256 Euro einbehalten. Mithin zahlt jedes Kind selbst Beiträge für seine KV. Selbiges gilt auch für die Abgabe in die Rentenversicherung. Obwohl er Kinder großzieht, bezahlt der Arbeitnehmer den gleichen Betrag wie einer, der sich diesen Aufwand erspart. Unbeachtet blieb, daß ein Elternteil heute 15 Kinder erziehen müßte, um damit eine „Standardrente“ zu begründen. Dieses klägliche Urteil läßt unberücksichtigt, daß unsere Kinder die künftigen Leistungsträger unseres Generationenvertrags sind. Keine Kinder – keine Renten!

Bärbel Fischer, Leutkirch






Zu: „US-Medizin gegen Trümmer und Stalin“ von Lothar Höbelt, JF 23/22

Bezahlt mit dem Beutegut

Ihr Artikel gleicht eher der kritiklosen Wiederholung einer vorgeblichen Erfolgsgeschichte. Einige Fakten sollten schon genannt werden. Die von den Allierten, vornehmlich den USA, verursachten gigantischen Schäden durch Terrorangriffe lassen sich nicht beziffern, dürften aber die Marshallplan-Hilfe um ein Vielfaches überstiegen haben. Was nach dem Krieg geschah, entzieht sich jeder Vorstellungskraft, denn besonders die Amerikaner begingen einen in der menschlichen Geschichte einmaligen Raubzug: Erfindungen, Patente, Kunstwerke, ganze Industrieanlagen, Weltraum- und Militärtechnik, verschwanden als Beutegut über den Atlantik. Eher konservative Schätzungen gehen von gestohlenen Werten in Höhe von 3,5 Billionen Dollar aus. Der Raubzug deckte die gesamten Kriegskosten der USA ab. Es blieb eine stattliche Summe übrig, um großzügig auf die geforderten Reparationen zu verzichten und den Marshallplan aufzulegen. So gesehen finanzierte sich Deutschland also selber aus dem geraubten Eigentum.

Rolf Dieter Oertel, Lemgo






Zu: „Zum Reißen gespannt“ von Christian Vollradt, JF 22/22

Die AfD verliert bürgerliche Konservative

Nach zehn Wahlen mit Verlusten sowie einer strukturellen Verschlechterung der politischen Großwetterlage steht die AfD bei ihrem Bundesparteitag vor entscheidenden Weichenstellungen. Die Gefahr ist groß, daß die AfD im Westen noch schwächer wird – tendenziell droht die 5-Prozent-Hürde – und zu einer reinen „Lega Ost“ verkommt. Falsche personelle Signale (Lüth, Kalbitz, Höcke) verschrecken bürgerlich-konservative Wähler. Nach Rußlands Angriff auf die Ukraine hat Parteichef Chrupalla einige sehr unglückliche Reden gehalten. Die vom Landesverband Thüringen vorgeschlagene Einzelspitze für die Partei (wohl Chrupalla) wäre fatal, weil dann ein Repräsentant an der Spitze fehlt, der die Partei auch im Westen glaubwürdig vertritt. Die größte Gefahr ist die Selbstradikalisierung; dadurch gingen immer mehr Mitglieder und Anhänger aus dem bürgerlich-rechtskonservativen Lager verloren. Arbeiter und Nichtwähler dürfen nicht das wichtigste Zielpublikum werden, sonst endet die AfD wie die Linkspartei. Also bitte: Die Delegierten müssen sich ihrer Verantwortung bewußt werden und keine Extremisten in den Bundesvorstand wählen. Das freut nur den Verfassungsschutz. Kein Wunder, daß die AfD-feindlichen Medien Herrn Höcke (insgeheim) lieben, weil er der Garant ist, daß die Partei im bürgerlich-konservativen Lager erodiert. Deutschland braucht eine glaubwürdige freiheitlich-konservative Partei, die gegen unkontrollierte Migration, Genderwahn, falsche Energiepolitik, verfallende innere Sicherheit etc. harte Oppositionspolitik betreibt. Die CDU ist auf Kurs Schwarz-Grün und natürlich keine Alternative.

Dr. Peter Müller, München






Zu: „Durchgreifende Kontrolle“ von Björn Harms, JF 22/22

Armut auch unter Deutschen und Europäern

Auch unter „Biodeutschen“ und „Biofranzosen“ (schreckliche Wortbildungen!) gibt es Armut, die einen Opern- oder Theaterbesuch unmöglich macht. Weiß Salima Yenbou dies, wenn sie „subventionierte Opern- und Theaterbesuche für Migranten“ (und das hieße: unter Ausschluß der Einheimischen) fordert? Ich habe schon hinreichend viele Senioren gesehen, die ihre schmale Rente durch Flaschensammeln aufzubessern bemüht sind – doch Fremdaussehende waren nie darunter: sie haben solches wohl kaum nötig.

Dipl.-Ing. Hans-Gert Kessler, München






Zur Meldung: „ʻEin Viertel der Firmen hat Geflüchtete eingestelltʼ“, JF 22/22

1.275 Prozent – verschleierte Statistik

Wenn gemäß der Verlautbarung 35 Prozent der arbeitsfähigen Geflüchteten eine „Stelle gefunden“ haben und „31 Prozent arbeitslos gemeldet“ wurden, sagt dies viel. Es sagt nämlich nicht, ob diese „gefundene Stelle“ eine unbefristete Sozialversicherungspflichtige Arbeitsstelle ist oder sich diese nur über eine Förderung für das Unternehmen rechnet. Zum anderen bedeutet das, daß am Ende 65 Prozent der arbeitsfähigen Zuwanderer eben nicht arbeiten, sondern unsere Allgemeinheit, unser Sozialsystem belasten. 

Bei einer derzeitigen Arbeistlosenquote von 5,1 Prozent bedeutet dies, daß deren Quote um etwa 1.275 Prozent höher liegt. Das gebiert die nächsten Probleme, mal abgesehen von der Kultur; keine Einzahlungen, aber dennoch Bezüge aus den Kranken- und Rentenkassen. Hinzu kommt, daß sich diese, wie auch immer man das nennen mag, „Nicht-Leistung-nur-Leistungsbezugs-Struktur “ durch ihre Reproduktion ohne Maß vervielfacht und das Problem zum unbeherrschbaren Desaster wird, wenn es das nicht schon ist. Das alles hätte man wissen können und wußte es wohl auch, aber man will es nicht wissen.

Sven Langheinrich, Zimmermeister, Mohlsdorf-Teichwolframsdorf






Zu: „ʻEs war nicht nur Naivitätʼ“ von Hinrich Rohbohm, JF 22/22

Industriestandort nachhaltig zerstören

Schon der Titel ist falsch, denn es war keine Naivität, sondern sinnvolle Politik, die der damalige SPD-Bundeskanzler Willy Brandt eingeleitet hat, nämlich die Aussöhnung mit den osteuropäischen Staaten zu suchen, vor allen Dingen mit Rußland, das den höchsten Blutzoll während des Zweiten Weltkriegs bezahlte. Und es ist genauso unverständlich, den späteren SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder für seine Politik gegenüber Rußland zu kritisieren, denn er hat mit der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ganz wesentlich zum relativen Wohlstand in der Bundesrepublik beigetragen. Statt ihn dafür zu loben, wird er verfemt, aus seinem Stammlokal verbannt, sein Konterfei aus der Galerie im Kanzleramt abgehängt. Schande auch auf den jetzigen Bundespräsidenten, der als Außenminister durchaus Vernunft gezeigt hat und sich jetzt wie ein Angeklagter in einem stalinistischen Schauprozeß geriert und seine Überzeugungen widerruft. 2008, als Rußland in Georgien einfiel, entgegnete er dem sanktionsgeilen französischen Kollegen: „Wir werden über den Tag hinaus Rußland als Nachbarn behalten, und es ist in unserem eigenen Interesse, zu einem normalen Verhältnis zurückzukehren.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert, aber mittlerweile ist das Außenamt unter grüner Kontrolle, mit einer exquisiten Fachfrau („Ich komme aus dem Völkerrecht“) an der Spitze, die sich „feministische“ Außenpolitik, wertebasiert und nachhaltig, auf die Fahne geschrieben hat. Alles gelogen! Nachhaltig wird nur die Zerstörung unserer Industrie und damit unseres bescheidenen Wohlstands sein. Dabei wird sie noch unterstützt von ihrem kongenialen Parteifreund im Wirtschaftsministerium. 

Unverständlich ist auch die Kritik nicht nur an der Gasleitung Nord Stream 2, die aufgrund amerikanischer Weisung noch nicht mal in Betrieb ging, sondern jetzt auch an Nord Stream 1, der einzigen Pipeline, die nicht durch fremdes Land führt. Allen Dummköpfen sei gesagt, daß diese Gasleitung nicht nur Kosten spart, sondern auch Erpressungspotential minimiert. Logisch, daß sie sowohl der polnischen als auch der ukrainischen Regierung ein Dorn im Auge ist, gehen beiden doch Millionen an Durchleitungsgebühren verloren.

Peter Kiefer, Steinen






Zu: „Die Debatte versachlichen“ von Gerd Seidel & „Frühe Weichenstellung“ von Dirk Glaser, JF 22/22

Unpassender Vergleich

Der Beitrag von Gerd Seidel enthält neben einigen interessanten Gedanken leider auch zwei deutliche Mängel, die zu anderen Schlußfolgerungen führen können. Erstens ist die Situation Kuba 1962 nicht mit der Situation Ukraine vergleichbar, denn die Ukraine hat Rußland nie – wie damals Kuba und Rußland – mit Atomwaffen gedroht, sondern die Ukraine hat alle Atomwaffen seinerzeit an Rußland abgegeben gegen Garantie der bestehenden Grenzen, was von Putin ignoriert wird. Auch wäre der Gedanke zu prüfen, inwieweit einige Nato-Staaten durch die von Putin geäußerte Absicht, die ehemalige Sowjetunion wiederherzustellen, nicht automatisch zu Konfliktpartnern werden, wie auch die Sorgen der Nord- und Osteuropäer zeigen.

Rolf Weiss, Schiltach




Unverzichtbarer Beitrag zur Debatte

Mit den beiden zeithistorisch, völkerrechtlich und sicherheitsarchitektonisch fundierten Beiträgen von Professor Gerd Seidel „Die Debatte versachlichen“ und von Dirk Glaser „Frühe Weichenstellung“ leistet die JF dankenswerterweise einen in der aktuellen deutschen Medien- und Politiklandschaft ansonsten nicht denkbaren, nicht vorhandenen, darum um so relevanteren Beitrag zur sachlich-politischen Debatte und Meinungsbildung zum Thema Ukraine-Rußland im Kontext Nato-USA-EU-Deutschland.

Ludger Gesigora, Lüdinghausen






Zu: „Das Grenzregime zeigt seine Fratze“ von Thomas Schäfer, JF 22/22

Unter Gewaltandrohung vertrieben

Liebe JF-Redaktion, ich bin Ihnen für Ihren Beitrag sehr dankbar. Wir wurden Anfang Oktober 1961 aus Mißlareuth/Kreis Plauen, Vogtland, zwangsumgesiedelt mit der Begründung: Für den Staat nicht tragbar, vor allem wegen der kirchlichen Bindung. Der Ort gehörte zum sogenannten Sperrgebiet. Ich bin die vorletzte noch lebende Betroffene einer großen Familie von sieben Personen, Großeltern, Eltern, Tante und Onkel. Wir bewohnten einen Bauernhof , der seit Mitte des 18. Jahrhunderts in Familienbesitz war. Unsere Familie wurde unter Gewaltandrohung innerhalb weniger Stunden von unserem Bauernhof vertrieben, zunächst mit unbekanntem Ziel. Meine Eltern konnten nur das Nötigste mitnehmen, alles andere fand sich später im Dorf verteilt unter den Zurückgebliebenen. 

Am neuen Aufenthaltsort, in der Nähe von Karl-Marx-Stadt (jetzt wieder Chemnitz), kamen wir auf einem heruntergekommenen Bauernhof unter. Alle standen unter Schock. Vor allem mein Vater und meine Tante haben in ihrem gesamten Leben unter der Entwurzelung gelitten, den Verlust ihres Elternhauses. Danach mußten wir uns regelmäßig bei den Behörden melden und durften den Umkreis nicht verlassen. Der Hartnäckigkeit meines Großvaters war es zu verdanken, daß wir zumindest ins Vogtland zurückkehren konnten. 

So, wie der Autor es beschrieben hat, war es zu DDR-Zeiten tatsächlich nicht möglich, über diese Ereignisse zu sprechen. Wenn doch, dann erfolgten Antworten wie: „Irgendwas werdet ihr schon verbrochen haben.“ Die Propaganda hat sehr gut funktioniert und die Einschüchterung, und damit schließt sich der Bogen zur Gegenwart.

Alida Schmidt, Plauen/Vogtland






Zu: „Die müde Republik“ von Dieter Stein, JF 21/22

Die Grünen handeln instinktiv richtig

Am Montag hatte ich die Gelegenheit, im Hamburger Rathaus Dieter Stein persönlich zu erleben. Chapeau für seine Wahlanalyse und seine klare Opposition zur AfD in der aktuell wichtigsten Frage: Die Ablehnung der Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine durch die AfD-Bundestagsfraktion ist ein kardinaler Fehler. Das ist der Hauptgrund für den enormen Aufwind der Grünen. Baerbock, Habeck und Hofreiter handeln instinktiv richtig und finden deshalb große Zustimmung beim Wähler.

Christoph Schmidt, Hamburg