© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/22 / 10. Juni 2022

Kabinenklatsch
Auf die Knie
Ronald Berthold

Immer diese Ungarn. Politisch sind sie ohnehin der Buhmann in Europa. Und da unsere Gesellschaft Fußball heute als Politik mit anderen Mitteln versteht, sind sie auch im Sport nicht wohlgelitten. Nun kam es am Pfingstsonnabend zu einem pikanten Spiel in Budapest. Die Engländer, die seit geraumer Zeit vor jedem Anpfiff für die „Black Lives Matter“-Bewegung auf die Knie fallen, waren zu Gast.

Eigentlich sollte es ein Geisterspiel sein, denn die Uefa hatte die Ungarn zu Spielen vor leeren Rängen verurteilt, weil Zuschauer zwei englische Spieler im September 2021 rassistisch beleidigt hatten. Doch nicht mit den Ungarn. Sie nutzten eine Klausel, von der die Engländer nichts ahnten und von der wohl selbst der Verband überrascht gewesen sein dürfte, daß es sie überhaupt gibt. Kinder unter 14 Jahren dürfen nämlich ins Stadion. Und ein Erwachsener darf zehn Jugendliche begleiten. Also tummelten sich 35.000 Fans im Stadion. Und die buhten sich auch noch die Seele aus dem Leib, als die Engländer ihren Kniefall zeigten. Empörung aller Orten. Ungarn steht unter Beobachtung. Ein Spiel müssen sie noch im „leeren“ Stadion austragen, für ein weiteres gilt Bewährung. Zählt die Reaktion der Jugendlichen auf eine umstrittene Geste nun erneut als Diskriminierung? Haben die Ungarn ihre Bewährung verletzt?

In der EU sollen sie gar nicht mehr abstimmen dürfen, weil der deutschen Parlamentsvizepräsidentin Katarina Barley nicht gefällt, wie sie ihr Wahlrecht nutzen. Kommt das jetzt auch im Fußball? Kann das Land zwar Mitglied der Uefa bleiben, darf aber vielleicht nicht mehr spielen, damit moralisierende Länder ungestört der Politischen Korrektheit frönen dürfen?