© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/22 / 17. Juni 2022

Aufgeschnappt
Disharmonien für die Tiroler Heldenorgel
Matthias Bäkermann

Täglich zur Mittagszeit erschallt von der Höhe der Kufsteiner Festung Gerolds-eck die größte Freiorgel der Welt mit 4.948 Pfeifen und 65 Registern. Als „tönernes Denkmal für die deutschen Gefallenen des Ersten Weltkriegs“ 1931 eingeweiht, spielt die „Heldenorgel“ dort nach einem weit über das Tiroler Inntal hörbaren Orgelvortrag das „Lied vom guten Kameraden“ in „memoriam der Gefallenen aller Völker der Welt“, seit 1981 sogar für „alle Opfer der Gewalt“. Geht es nach dem Kufsteiner Kommunalpolitiker Klaus Reitberger, soll das nun ein Ende haben. So berichtet das Portal „MeinBezirk.at“ am 10. Juni von seinem Gemeinderatsantrag, der Heldenorgel einen „ideologischen Relaunch“ zu verpassen. Für den 37jährigen intendiere das Spiel des Instruments „ein totalitäres, völkisches und militantes Hörerlebnis“, und von seiner Bezeichnung „fühlen sich große Teile der nicht-männlichen Bevölkerung nicht mehr mitgemeint“. Überarbeitete Infotafeln müßten die „problematische Geschichte“, etwa die Vereinnahmung in NS-Zeiten, darstellen. Zudem solle das „Lied vom guten Kameraden“ als zu „soldatisch“ und „aus der Fernsehserie ‘Babylon Berlin’ als Lieblingslied rechter Terroristen bekannt“, künftig ganz entfallen.