© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/22 / 17. Juni 2022

Luke Mockridge. Der TV-Star soll eine Frau mißbraucht haben. Beweise fehlen. Nun machen Feministinnen Jagd auf ihn.
Schuldig bei Verdacht
Sandro Serafin

Was das Publikum denkt, macht es überdeutlich: Mit Buhrufen quittierte es die Störaktion einer Feministin, die unlängst in der Berliner Mercedes-Benz-Arena kreischend Anklage gegen den Star auf der Bühne erhob, als wäre sie die Chefinquisitorin der Bundesrepublik: „Er ist ein Täter! Warum unterstützt ihr ihn? Ich hoffe, daß die zehn Frauen, die er vergewaltigt hat, es ihm zurückzahlen!“

„Er“ ist der Komiker Lucas „Luke“ Mockridge. Wie sein Bruder, TV-Schauspieler Jeremy Mockridge, Sproß einer Künstlerfamilie: Vater Bill aus Toronto gründete das Springmaus-Theater in Bonn und spielte über zwei Jahrzehnte den Erich Schiller in der „Lindenstraße“. Mutter Margie Kinsky, ebenfalls Kabarettistin und Schauspielerin, stammt aus Italien. In den vergangenen Jahren ist ihr Sohn in der deutschen Unterhaltungsszene so hoch geflogen wie kaum ein anderer. Nach einem Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft ging der gebürtige Bonner 2012 erstmals auf Tour. Ungezählte Auftritte folgten, auch eigene TV-Shows. Es regnete Auszeichnungen, wie Bambi oder Grimme-Preis – man kennt den Komiker, auch ohne Kenner der Szene zu sein.

Ihm „aufs Maul hauen“, ihn beruflich ruinieren, denn: „Luke ist ein Täter!“ Ob es stimmt, ist zweitrangig.  

2021 dann der Absturz: Die „MeToo“-Bewegung fegte durch die Comedy-Szene, und Mockridge stand im Auge des Sturms: Bereits 2019 berichtete seine Ex-Freundin, die Komikerin und Sex-Podcasterin Ines Anioli, deren Tätigkeit man als Verbalpornographie beschreiben kann, öffentlich von sexuellem Mißbrauch durch einen Mann – gemeint, wenn auch nicht genannt, war Mockridge. Zwei Jahre später bahnte sich das Thema plötzlich seinen Weg durch die Sozialen Medien. Eine Netzfeministin setzte das Schlagwort #KonsequenzenfuerLuke in die Welt, Aufkleber mit dieser Forderung und ausgestrecktem Mittelfinger wurden verbreitet. Mockridge sprach dagegen von Sachen, „die ich einfach nicht gemacht habe“ und einem „Paradebeispiel für unsere Zeit“, in der anonyme Ankläger im Netz mehr zu wissen glauben als die Staatsanwaltschaft.

Damit sprach er den pikanten Kern der Angelegenheit an. Denn als der Fall die Öffentlichkeit erreichte, war er juristisch längst erledigt, das Verfahren wegen Widersprüchlichkeiten auf Aniolis Seite eingestellt. Was tatsächlich vorgefallen ist, wissen nur die beiden – rechtlich aber ist Mockridge gemäß dem Grundsatz „In dubio pro reo“ unschuldig. Das bekam auch der Spiegel zu spüren, der 2021 Anschuldigungen weiterer Frauen publik machte, dafür aber wegen unzulässiger Verdachtsberichterstattung gerichtlich abgewatscht wurde. Dennoch klebt an Mockridge, selbst sicher kein Kind von Traurigkeit, der Verdacht des Sexualstraftäters. Im Herbst verordnete er sich eine Auszeit, er soll in psychiatrischer Behandlung gewesen sein. 

Nun ist er auf der Bühne zurück. Doch vor den Veranstaltungshallen wird er immer wieder von Feministinnen „begrüßt“, die aus den Vorwürfen Aniolis kurzerhand „Tatsachen“ machen und ihn nun sogar während der Show bis auf die Bühne verfolgen. Die Unschuldsvermutung ist für sie nichts weiter als „Täterschutz“, auf den sie „keinen Bock“ haben. Etliche wollen Mockridge „auf die Fresse geben“, „aufs Maul hauen“, ihn „in einen Steinbruch nach Sibirien schicken“. Beruflich soll er ruiniert werden und wer mit ihm zusammenarbeitet, „Konsequenzen“ spüren – denn: „Luke ist ein Täter!“ Ob das auch stimmt, das ist zweitrangig.