© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/22 / 17. Juni 2022

Kleinkrieg gegen die Förderer
Berliner Stadtschloß: Die Humboldt-Stiftung attackiert den privaten Förderverein und dessen Spender
Peter Möller

Wer geglaubt hatte, mit der Eröffnung des Humboldt-Forum genannten Museums mit den ethnologischen Sammlungen im wiederaufgebauten Berliner Stadtschloß sei die jahrzehntelange Diskussion über die Gestalt des Baus beendet, der sieht sich getäuscht. Fast drängt sich der Eindruck auf, das Gegenteil ist der Fall.

Jüngstes Beispiel ist der Versuch, Spender, die für die Rekonstruktion der historischen Fassaden Geld gegeben und es dadurch überhaupt erst ermöglicht haben, daß der moderne Zweckbau zumindest äußerlich in der Gestalt das Berliner Stadtschlosses daherkommt, in Verruf zu bringen – und damit auch den Förderverein Berliner Schloß, den eigentlichen Motor für die Rekonstruktion der einstigen Hohenzollernresidenz. Er hatte im Zuge seiner Spendenkampagne mehr als hundert Millionen Euro für den Wiederaufbau gesammelt.

Der Angriff auf den Förderverein zielt nicht allein auf einige Spender, sondern darauf, das Vertrauen in diese wichtige Institution und seine emsigen Akteure rund um den Vorsitzenden Richard Schröder und vor allem um den eigentlichen Initiator und Ideengeber des Wiederaufbaus, den Hamburger Kaufmann Wilhelm von Boddien, zu untergraben.

Stiftung kritisiert Positionen der „JUNGEN FREIHEIT“

Ausgangspunkt der aktuellen Kampagne war Ende Oktober vergangenen Jahres ein Artikel des Schloßgegners und Architekten Philipp Oswalt im Berliner Tagesspiegel unter dem Titel „Preußentum und Antisemitismus. Ehrt das Humboldt Forum einen Mäzen mit rechtsradikaler Gesinnung?“ Darin wirf Oswalt einem Großspender des Schlosses, dem mittlerweile verstorbenen Berliner Privatbankier und Museumsgründer Ehrhardt Bödecker, ein rechtsradikales Preußenbild, Verherrlichung des Kaiserreiches und vor allem antisemitische Äußerungen vor. So habe dieser die von ihm beklagte „Reeducation“ der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg „den Juden“ zugeschrieben, behauptet Oswalt.

Oswalts Artikel wurde von zahlreichen politischen und medialen Akteuren, denen die Rekonstruktion ohnehin ein Dorn im Auge ist, dankbar aufgegriffen und als Beleg dafür gewertet, daß es sich bei dem ganzen Projekt um ein reaktionäres und teilweise sogar rechtsradikales Vorhaben handele. Auf Oswalts Beitrag folgte eine Reihe weiterer Medienberichte, die den Druck auf die Beteiligten weiter erhöhten. Mit Erfolg: Als Reaktion auf die Veröffentlichung hat die Familie des 2016 verstorbenen Bödecker die Humboldt-Stiftung mittlerweile gebeten, das Porträt-Medaillon im Foyer, mit denen Großspender geehrt werden, abzunehmen.

Im Zuge der von Oswalt ausgelösten medialen Berichterstattung sind auch die JUNGE FREIHEIT und ihr Chefredakteur Dieter Stein, die sich beide auf der Spenderliste für das Schloß befinden, ins Visier geraten. In einem Schreiben der Stiftung an den Schloßverein vom Ende vergangenen Jahres, das der Verein in der jüngsten Ausgabe seines Informationsmagazins Berliner Extrablatt öffentlich gemacht hat, teilt die Stiftungsleitung mit, daß die von der JF vertretenen Positionen „nicht den ethischen und moralischen Standards des Humboldt Forums“ entsprächen. „Daher bitten wir sie nachdrücklich, diese Spenden zurückzuzahlen und uns mitzuteilen, in welcher Höhe gespendet worden ist“, heißt es in dem von Stiftungschef Hartmut Dorgerloh und Vorstandsmitglied Christine Rieffel-Braune unterzeichneten Brief.

Mit Verweis auf die von Oswalt ausgelöste Berichterstattung wird der Schloßverein zudem aufgefordert, die Spenderlisten kritisch zu überprüfen und das Geld auch in anderen Fällen gegebenenfalls zurückzuzahlen. Allerdings finden sich in dem Schreiben keine näheren Angaben dazu, nach welchen Maßstäben diese nachträgliche Überprüfung der Spender genau erfolgen soll.

In seiner Antwort weist von Boddien die Forderung des Humboldt-Forums nach einer politischen Gesinnungsprüfung der Spender denn auch zurück. Nach seiner Auffassung bieten die von der Stiftung angeführten Spendenrichtlinien, die auch für den Spendenverein gelten, keine Grundlage, unliebsame politische Haltungen von Spendern – abgesehen von eindeutig verfassungsfeindlichen Positionen – herauszufiltern.  Der Vorsitzende des Fördervereins, Richard Schröder, verweist im Extrablatt zudem darauf, daß die von der Stiftung geforderte Rückzahlung von Spenden aus rechtlichen Gründen nicht ohne weiteres möglich sei, da die gemeinnützigen Spenden bereits von der Steuer abgesetzt worden seien. „Eine Rückzahlung über Jahresfrist wäre eine Einladung zur Steuerhinterziehung“, schreibt Schröder. Trotz Aufforderung habe die Humboldt-Stiftung bislang keinen Weg aufgezeigt, wie eine Rückzahlung rechtssicher vollzogen werden könnte. Schröder macht davon unabhängig jedoch klar, daß sein Verein einen solchen Schritt grundsätzlich ablehnt.

Förderverein will seine Arbeit unbeirrt fortsetzen

Mit Blick auf die als antisemitisch kritisierten Äußerungen Bödeckers im Zusammenhang mit der „Reeducation“ wirft Schröder Philipp Oswalt unterdessen Manipulation vor. So habe Bödecker nicht wie von Oswalt behauptet geschrieben, die Umerziehung der Deutschen sei „den Juden zuzuschreiben“, sondern lediglich die Soziologen Adorno und Horkheimer als Ideengeber der „Reeducation“ benannt, ohne auf deren Religionszugehörigkeit einzugehen. „Oswalt hat durch eigenmächtige Zusätze den Zitaten einen antisemitischen Drall verpaßt, um seinen Vorwurf des Antisemitismus zu untermauern. Das ist Irreführung des Publikums“, kritisiert Schröder.

Bei genauerer Betrachtung ist die Kampagne gegen die Schloßspender, bei der versucht wird, einige wenige Spender öffentlich zu beschuldigen, um damit alle Spender in Verruf und in den Verdacht des Rechtsextremismus zu bringen, nur ein weiterer verzweifelter Versuch, den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses auch nachträglich noch zu diskreditieren. Die ehemalige Hohenzollernresidenz ist einem Großteil der tonangebenden politisch-kulturell-medialen Elite nach wie vor verhaßt. Stellvertretend sei dafür der SPD-Politiker Niels Annen genannt, der Ende 2020 auf Twitter seiner Freude Ausdruck gab, daß er – damals noch als Staatsminister im Auswärtigen Amt – von seinem Büro aus nicht auf das Schloß blicken konnte. „Die Wiederrichtung eines Symbols des preußischen Militarismus paßt nicht in unsere Zeit.“

Im Herbst vorigen Jahres distanzierte sich dann das Humboldt-Forum von den Bibelversen auf einem Spruchband der Kuppel des Berliner Stadtschlosses. Die von König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) ausgewählte Inschrift lautet: „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Daß in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“ Die Kritiker sehen darin einen Ausdruck des Alleingültigkeits- und Herrschaftsanspruchs des Christentums. Kulturstaatsministerin Claudia Roth sagte Mitte Februar dieses Jahres in einem FAZ-Interview, die Kuppelinschrift formuliere einen „Dominanzanspruch, der einfach nur abschreckend wirkt“.

Vor allem im Stadtschloß selbst, dem Sitz des Humboldt-Forums, ist diese Auseinandersetzung mittlerweile in einen unwürdigen Kleinkrieg übergegangen. Das Ziel, das Dorgerloh und seine Stiftung zu verfolgen scheinen, lautet: sowenig Schloß wie möglich im Schloß. Dazu paßt, daß der Geschichte des Palastes der Republik derzeit im Humboldt-Forum viel Raum eingeräumt wird und der Förderverein berichtet, daß die Publikationen des Vereins, mit denen weiter um Spenden geworben wird, um den Figurenschmuck der Fassade zu vervollständigen, im Bauwerk unerwünscht sind und nicht ausgelegt werden dürfen.

Der Förderverein gibt sich dennoch unbeeindruckt: „Wir lassen uns dadurch bei unserer Arbeit nicht aus der Ruhe bringen und setzen sie weiterhin zum Wiederaufbau des Berliner Schlosses unbeirrt fort“, schreiben Richard Schröder und Wilhelm von Boddien in einem Brief an die Mitglieder und Förderer. Ihr Optimismus scheint berechtigt: Für den endgültigen Abschluß der Rekonstruktionsarbeiten fehlen lediglich noch eineinhalb Millionen Euro.

Weitere Infos: Förderverein Berliner Schloß e. V., Postfach 56 02 20, 22551 Hamburg, Tel.: 040 / 89 80 75-0

 https://berliner-schloss.de