© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/22 / 17. Juni 2022

Umwelt
Infraschall im Wohngebiet
Marc Schmidt

Robert Habeck hat sein Ziel, die Bundesländer zu einer Lockerung der Abstandsregeln für Windkraftanlagen zu Wohnbebauung zu bewegen, bislang verfehlt (JF 4/22). Doch der Widerstand in Bayern (10-H-Regel; JF 19/22) oder das neue 1.000-Meter-Gesetz in Sachsen zum Schutz vor Infraschall ist risikoreich, denn solche Abstände basieren auf einer Öffnungsklausel im Baugesetzbuch, die der Bund ganz oder für einzelne Länder aufheben kann. Durch die anwohnerfreundlichen Abstandsregelungen werden aus Sicht des grünen Wirtschaftsministeriums zuwenig Flächen bereitgestellt, um den Zubau an Windrädern mit einer theoretischen Leistung von fünf Gigawatt (GW) im Jahr 2023 und ab 2027 von bis zu zehn GW jährlich zu realisieren. Der Umfang der bundesweit für Windräder zur Verfügung stehenden Fläche soll von derzeit 0,8 auf zwei Prozent ansteigen, denn jedes zusätzliche GW entspricht mindestens 250 neuen Windrädern an Land.

Erreicht ein Land Robert Habecks Windquote nicht, kippt die Bundesregierung die jeweilige Abstandsregel.

Habeck plant im „Wind an Land“-Gesetz verbindliche Vorgaben für die Flächenausweisung, je nach Windenergiepotential des Landes sind zwischen 1,6 und 2,1 Prozent der jeweiligen Landesfläche vorgesehen. Erreicht ein Land die vorgegebene Quote nicht, kippt die Bundesregierung die jeweilige Abstandregel, was es den Bundesländern und Kommunen deutlich schwerer macht, eine beantragte Flächenausweisung oder Nutzung zu verhindern. Der absehbare Konflikt dürfte letztlich ein Fall für das Bundesverfassungsgericht sein. Dieser Organ­streit ist allerdings ein politischer Schaukampf, denn bereits heute ist klar, daß die Planungen der Ampel-Koalitionäre Luftschlösser ohne praktische Realisierungschance sind. Die Branche der Windradbauer in Deutschland steckt in einem Existenzkampf. Und selbst ein starkes Kapazitätswachstum der chinesischen Hersteller schafft für die Verspargelungspläne nicht genügend Anlagen. Zudem fehlen Fachkräfte und Logistikkapazitäten auf dem Weltmarkt.