© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 25/22 / 17. Juni 2022

Kabinenklatsch
Schnorcheln mit Vettel
Ronald Berthold

War Sport nicht mal dazu da, nach Feierabend von der Arbeit und der Politik abzuschalten? Funktioniert nicht mehr. Und zwar nicht nur im Fußball, wo uns die Nationalelf mit Kniefällen und Frauentrikots zum Nachdenken zwingen will. Auch bei der Formel 1 geht es jetzt ums Zeichensetzen. Sebastian Vettel, einst vierfacher Weltmeister, fährt heute nur noch hinterher. Macht aber nix: Bei Symbolpolitik ist der Deutsche ganz weit vorn. Gäbe es den Titel „Moral-Weltmeister“, hätte er ein Abo darauf.

Muß ich es wirklich verstehen, wenn ein Fahrer, der seit 15 Jahren auf den Kursen der Welt seinen 140-Liter-Tank leerbläst, gegen CO2-Ausstoß und Klimawandel protestiert? Miami werde im Atlantik versinken, behauptete der 34jährige beim Rennen in Florida. Doch das sei „irgendwie noch nicht so angekommen in den Köpfen der Leute“. Gut, daß es Vettel gibt. Mit Helm und T-Shirt machte er uns alle auf das künftige Atlantis aufmerksam.

Sein Helm zeigte einen Schnorchel, und über sein Hemd ließ er die Menschheit wissen: „Miami 2060 – erster Grand Prix unter Wasser. Handelt jetzt oder schwimmt später.“ Aha. Wie handelt denn Vettel, der Rennfahrer? Hört er auf, verbrannten Sprit durch den Auspuff zu jagen und damit seine sieben Millionen Euro im Jahr zu verdienen? Gott bewahre. Das wäre dann doch zuviel verlangt.

Der bekennende Grünen-Wähler und „Fridays for Future“-Fan meint doch nicht sich selbst. Er kann ja nichts anderes als Autofahren. Als Ungelernter hat er viel mit den Vertretern seiner Lieblingspartei zu tun. Und die jetten auch gern um den Erdball, erklären den anderen aber, daß sie gefälligst auf ihren „ökologischen Fußabdruck“ zu achten hätten.