© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/22 / 24. Juni 2022

Peinlich mal zwei
Bundesregierung düpiert: Innen- und Familienministerin tun sich in einer Woche mit Fehlgriffen hervor
Peter Möller

Der Vorteil der Sozialen Medien, Nachrichten, Bilder und Videos schnell weltweit zu verbreiten, kann sich rasch als ein gravierender Nachteil erweisen: Was einmal über Twitter oder Facebook in die Welt gepostet wurde, läßt sich kaum mehr einfangen beziehungsweise löschen. Wer dennoch damit anfängt, zieht erst recht die Neugierde auf sich.

Diese Erfahrung mußte in der vergangenen Woche die von der Ampel vorgeschlagene designierte Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Ferda Ataman, machen. Die 43 Jahre alte Publizistin und linke Aktivistin, die noch vor der Sommerpause vom Bundestag bestätigt werden soll, löschte vor der Bekanntgabe ihrer Nominierung für das Amt rund 12.000 Tweets ihres Twitterkanals – übrig blieben gut 60 unverfängliche Kurznachrichten. Die Löschung sorgte fast für genausoviel Aufmerksamkeit wie die Nominierung. Denn in der Vergangenheit war Ataman immer wieder mit Nachrichten aufgefallen, die nach Ansicht ihrer Kritiker nur schwer mit der ihr nun zugedachten Rolle als Leiterin der Antidiskriminierungsstelle in Einklang zu bringen sind.

Dabei scheint Ataman zumindest auf dem Papier die ideale Besetzung für das Amt, denn Erfahrung auf diesem Gebiet hat sie ohne Zweifel. So war sie unter anderem in Nordrhein-Westfalen im Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration tätig. Auch ihre möglicherweise künftige Wirkungsstätte kennt sie als frühere Referatsleiterin dort gut. Zudem baute sie den Mediendienst Integration auf, der für sich in Anspruch nimmt, Journalisten mit wissenschaftlichen Informationen rund um die Themen Einwanderung und Integration zu versorgen. Die einflußreichste Initiative von Ataman, die auch als Buchautorin, Journalistin und Kolumnistin tätig ist, war indes die Gründung der „Neuen Deutschen Medienmacher“, einer linken Lobbyorganisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Anteil von Ausländern und Menschen aus Einwandererfamilien in den Medien zu erhöhen: „Unser Vorschlag: eine 30-Prozent-Quote für Journalist:innen aus Einwandererfamilien, für Schwarze Journalist:innen und Medienschaffende of Color“, lautet eine Forderung der Organisation. Daneben verleiht der zu zwei Dritteln aus öffentlichen Mitteln finanzierte Verein seit 2018 einen Negativpreis mit dem Titel „Die Goldene Kartoffel“ – eine Anspielung auf die abwertende Bezeichnung von Deutschen als Kartoffel.

„Die von einigen gezeigten Gesten verurteile ich scharf“

Schnell wurde darauf hingewiesen, daß die von Ataman gelöschten Tweets zwar nicht mehr ohne weiteres verfügbar, aber dennoch nicht spurlos aus dem Internet verschwunden seien. Bald kursierten denn auch Beispiele, die geeignet sind, Atamans Eignung für das Amt der Antidiskriminierungsbeauftragten in Zweifel zu ziehen. So twitterte sie beispielsweise am 23. März 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie: „Ich habe irgendwie eine Ahnung, welche Bevölkerungsgruppen in Krankenhäusern zuerst behandelt werden, wenn die Beatmungsgeräte knapp werden.“ Ein Tweet, der allgemein als Behauptung gewertet wurde, daß in Krankenhäusern Personen ohne ausländische Herkunft bevorzugt werden. Weitere ähnliche kritische „gelöschte“ Tweets haben mittlerweile in der FDP zu ersten Absetzbewegungen von Ataman geführt.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) machte in der vergangenen Woche die Erfahrung, daß die sozialen Medien Fluch und Segen zugleich sind. Stolz postete sie Ende vergangener Woche ein Foto mit rund 150 Schülern, die an dem vom Bundesinnenministerium geförderten Projekt „Die Verfassungsschüler“ teilgenommen haben. Mit ihm sollen junge Menschen, die sich bisher von der Demokratie nicht angesprochen fühlen oder sich mit ihr nicht oder nur wenig beschäftigt haben, bestärkt werden, „sich gesellschaftspolitisch einzubringen und von Partizipationsrechten Gebrauch zu machen“. Seit Anfang des Schuljahres 2021/2022 hatten Jugendliche aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Berlin dafür an Workshops, Seminaren und Exkursionen zu den Themen Demokratie, Werte, Gesellschaft und Partizipation teilgenommen.

Was Faeser und ihrem Social-Media-Team allerdings entgangen war bei der Auswahl des Fotos, mit dem bei Twitter über den erfolgreichen Abschluß des Projektes berichtet werden sollte: In den letzten Reihen der Schülergruppe sind mehrere Heranwachsende – mutmaßlich mit Migrations­hintergrund – zu sehen, die mit ihren Händen eindeutige verfassungsfeindliche Zeichen machen: Einer streckt einen Finger in die Höhe zum Erkennungszeichen der islamistischen Terrororganisation „Islamischer Staat“. Zwei Schüler zeigen das sogenannte „Rabia“-Zeichen, das der islamistischen Muslimbruderschaft zugerechnet wird. Zudem ist ein junger Mann zu sehen, der mit der Hand den Wolfsgruß formt, das Zeichen der rechtsextremistischen türkischen Grauen Wölfe.

Es dauerte nur Minuten, bis aufmerksame Internetnutzer die Gesten erkannt hatten und eine Welle der Empörung durch das Netz rollte. Schließlich reagierte die Innenministerin: „Die von einigen Schülern gezeigten Symbole auf dem Bild sind inakzeptabel, ich verurteile sie scharf. Wir sind mit dem Projektträger dazu im Gespräch“, twitterte Faeser am nächsten Tag und ließ das Foto löschen. Zu diesem Zeitpunkt existierten allerdings bereits unzählige Screenshots des Fotos, das sich seitdem fleißig im Internet verbreitet.

 Kommentar Seite 2

Foto: Von Faeser geteiltes und dann gelöschtes Foto: Gruß der Islamisten und der Grauen Wölfe