© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/22 / 24. Juni 2022

Blankziehen der Woche
Halbnackte Wahrheit
Florian Werner

Wunsch und Wirklichkeit liegen oft  weit auseinander – so auch in der Hansestadt Hamburg. Dort hatte sich die SPD-Fraktion im Stadtteil Eimsbüttel dafür ausgesprochen, das Oben-ohne-Verbot für Frauen in stadteigenen Schwimmhallen aufzuheben. Zumindest an den Wochenenden. „Für viele Menschen auch in Eimsbüttel ist das schlicht und einfach eine Frage der Gleichberechtigung“, begründete die Bezirksabgeordnete Paulina Reineke-Rügge (SPD) laut der Hamburger Morgenpost die Initiative. Im Jahr 2022 sei es unzeitgemäß, noch Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu machen. Angefangen hatte alles in Göttingen, wo eine Frau wegen Oberteil-Verweigerung aus einer Badeanstalt geworfen wurde. Detail am Rande: Die Dame wollte ihre Brüste deshalb nicht bedecken, weil sie sich weder als Frau noch als Mann fühlte. Männer dürften schließlich auch oberkörperfrei schwimmen, so ihre Beschwerde. Göttingen gestattete Frauen deshalb an den Wochenenden, mit freiem Oberkörper zu baden. Die Kreiszeitung berichtete daraufhin am ersten Oben-ohne-Tag über „ungewöhnlich viele Badegäste“. Allerdings hätten nur wenige Damen von ihrer neuen Freiheit Gebrauch gemacht. Woher also auf einmal all die (männlichen) Besucher? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Der Betreiber der öffentlichen Schwimmbäder in Hamburg wiederum äußerte sich vorsichtig zustimmend zu dem Oben-ohne-Vorschlag der örtlichen SPD. „Wir versperren uns da nicht“, beteuerte der Sprecher der Bäderland GmbH, Michael Dietel. Jedoch warnte er davor, daß mit den Reizen auch die Probleme in den Badeanstalten anwachsen könnten. Immer wieder wurde zuletzt in ganz Deutschland über Gewaltausbrüche und sexuelle Übergriffe in Freibädern berichtet. Die – halbnackte – Wahrheit ist leider, daß blanke Brüste da eher schaden als nützen würden.