© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/22 / 24. Juni 2022

Coole Jungs mit Sturmhauben sind als Impfgegner zurück
Wiederkehr der Endzeitangst
(ob)

Um 1980, so erinnert sich der Luzerner Historiker Valentin Groebner, sei er wie viele andere junge Menschen davon überzeugt gewesen, die Menschheit steuere direkt auf eine globale Katastrophe zu. Die habe man sich als Kombination von Atomkrieg, Nuklearunfall, ökologischem Kollaps und tödlicher Seuche vorgestellt. Genährt habe sich diese Endzeitpanik aus jahrelangem Streit um die Nato-Nachrüstung, dem Störfall im amerikanischen AKW Harrisburg sowie einer endlosen Kette von Umweltskandalen. Und die Unterhaltungsindustrie tat alles dafür, an solche realen Bedrohungen in Romanen, Filmen und TV-Serien anzudocken, um sie zu Horrorgeschichten vom Untergang der Menschheit auszuwalzen. So lief etwa 1979 in den Kinos ein Doku-Thriller „Die Hamburger Krankheit“ über eine tödliche Epidemie mit abgesperrten Städten, Quarantänen, Ausgangssperren. In der links-militanten Subkultur der Bonner Republik, in der Groebner sich damals bewegte, sei daraus ein von Fakten und Fiktionen erzeugtes Angstgefühl entstanden, das den „Widerstand gegen das System“ befeuerte. Angst habe sich in „Angstwut“ verwandelt und sehr gut zur „Selbstermächtigung“ für „coole Jungs in Lederjacken und schwarzen Sturmhauben“ getaugt. Bis 1987 der von „Startbahn West“-Gegnern an zwei Frankfurter Polizisten verübte Mord die Aktivisten zunächst bremste. Seit 2019 seien sie  aber als „historische Wiedergänger“ zurück. Nicht jedoch, wie Groebner politisch korrekt ablenkt, in Gestalt gewaltbereiter Klima-Apokalyptiker, sondern als „Impfgegner und Verschwörungstheoretiker der Corona-Jahre“ (Merkur, 6/2022). 


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