© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/22 / 24. Juni 2022

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BGH-Urteil: „Judensau“ an Stadtkirche kann bleiben 

WITTENBERG/KARLSRUHE. Ein Schmährelief an der Wittenberger Stadtkirche, die sogenannte „Judensau“, kann dort bleiben. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Zum Hintergrund: Das Relief aus dem 13. Jahrhundert zeigt eine Sau, an deren Zitzen Juden säugen. Dadurch sollten im Mittelalter Juden gedemütigt werden. 1988 hatte die Kirchengemeinde eine Bodenplatte vor der „Sau“ anbringen lassen, mit der sie sich von dem antisemitischen Relief distanzierte. Auch eine Informationstafel wurde dort inzwischen aufgestellt. Der jüdische Kläger Michael Düllmann (Bonn) hatte gegen das Sandsteinrelief geklagt, weil er sich durch die Abbildung beleidigt fühlt. Der Bundesgerichtshof wies die Klage am 14. Juni ab. Eine Entfernung könne nicht verlangt werden, da es keine „gegenwärtige Rechtsverletzung“ gebe. Die Kirchengemeinde habe den ursprünglich rechtsverletzenden Zustand des Reliefs durch eine Bodenplatte und einen Aufsteller mit erklärendem Text beseitigt. Dadurch distanziere sich die Gemeinde vom Inhalt der Plastik. Das Urteil ist von bundesweiter Bedeutung, denn auch an etwa 50 anderen Kirchen gibt es ähnliche Schmähplastiken. Medienberichten zufolge will Düllmann nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Der Wittenberger Stadtkirchenpfarrer Alexander Garth sagte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, daß die Kirchgemeinde weiter an der Distanzierung arbeiten werde. Die Schmähplastik sei ein „Schandmal, das den jahrhundertelangen christlich motivierten Antijudaismus“ symbolisiere. „Wir müssen hier als Christen eine klare Botschaft gegenüber dem jüdischen Volk geben. Wir müssen etwas dagegensetzen, das lauter spricht als dieses Schandmal“, so der Pfarrer. Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer (Magdeburg), äußerte in einer Mitteilung der Landeskirche, daß das Urteil die nötige Klarheit schaffe, um die Weiterentwicklung des Mahnmals voranzubringen: „Es herrscht Konsens, daß die gegenwärtige Informationstafel sowie das Mahnmal in Form einer Bodenplatte heute nicht mehr dem Anspruch genügen, die Wirkung der judenfeindlichen Schmähplastik an der Fassade zu brechen.“ Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, nannte das Urteil nachvollziehbar: „Allerdings vermag ich der Begründung des BGH insofern nicht zu folgen, als nach meiner Auffassung weder die Bodenplatte noch der erläuternde Schrägaufsteller eine unzweideutige Verurteilung des judenfeindlichen Bildwerks beinhalten. Die Kirche müßte sich jedoch klar zu ihrer Schuld bekennen und ihren jahrhundertelangen Antijudaismus verurteilen“, so Schuster. (idea/JF)





Neues Verzeichnis mit Bach-Werken vorgestellt 

LEIPZIG. Nach zwölf Jahren intensiver Forschung hat das Bach-Archiv Leipzig in der vorigen Woche das neue Bach-Werke-Verzeichnis vorgestellt. Das 880 Seiten starke Buch „BWV3“ listet ein Verzeichnis zum Gesamtwerk des Komponisten Johann Sebastian Bach (1685–1750) auf. Es enthält insgesamt 1.177 Werke Bachs sowie 119 Kompositionen. Die erste Ausgabe erschien 1950. Eine überarbeitete Auflage wurde 1990 veröffentlicht, gefolgt von einer sogenannten „kleinen Fassung“ mit weiteren Aktualisierungen acht Jahre später. (idea)

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