© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/22 / 24. Juni 2022

Kabinenklatsch
Meckern auf hohem Niveau
Ronald Berthold

Nicht wenige Fußball-Millionäre beschweren sich derzeit über fehlende Wertschätzung. Besonders stark mit dem Phänomen hat der FC Bayern zu kämpfen. Ich frage mich, was das soll. Oder ob Manager Hasan Salihamidžić vielleicht kein guter Chef ist. Das mag bei der Häufigkeit der Beschwerden sein. Andererseits erhalten die Profis für „Brazzos“ mangelnde Empathie ein gar nicht so schlechtes Schmerzensgeld. Der wichtigste der Beleidigten ist Welt-Fußballer Robert Lewandowski. Der Pole will unbedingt weg. Das ist schmerzhaft für den Rekordmeister. Denn der 33jährige verfügt über die eingebaute Torgarantie. Allein in den vergangenen fünf Jahren erzielte er sagenhafte 161 Bundesliga-Tore. Insgesamt sind es schon 312. Er war auf dem besten Weg, unseren Bomber der Nation vom Spitzenplatz zu verdrängen. Gerd Müller brachte es auf 365 Treffer. Noch zwei Saisons und Lewandowski hätte den Rekord ziemlich sicher geknackt.

Für mich als Traditionalisten ist es also nicht so übel, daß Lewandowski die beleidigte Leberwurst spielt. Bayern hat nun den Rechtsaußen Sadio Mané verpflichtet. Doch der Senegalese, zuletzt bei Liverpool, hat sich einst bei Salzburg weggestreikt und scheint auch in die Kategorie „Erst ich, dann die Mannschaft“ zu gehören. Daß er Lewandowski ersetzen kann, glaube ich nicht. 16 Tore für die Reds in 34 Spielen sind 17 Prozent aller Liverpool-Tore. In der Bundesliga hätte es damit nur für Platz sechs in der Torschützenliste gereicht. Lewandowskis Quote liegt übrigens bei 36 Prozent. Sehen wir es positiv. Wenn das dazu beiträgt, daß endlich mal wieder jemand anders Meister wird, hat der empathielose Salihamidžić ein gutes Werk vollbracht.