© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/22 / 01. Juli 2022

Andreas Malm. Der Vordenker der aktivistischen Klimaschützer predigt Gewalt gegen Sachen – und kommt gut damit an.
Leidenschaft und Sabotage
Mathias Pellack

Eines ist ihm sicher: Aufmerksamkeit. Während die grüne Bewegung in den Augen vieler immer noch für Frieden steht, bürstet Andreas Malm diese Erwartungen ordentlich gegen den Strich. Das jedenfalls ist das mindeste, was man über seine Aufrufe zur Gewalt gegen Sachen sagen kann. 

Jüngst brachte die deutsche „Fridays for Future“-Frontfrau Luisa Neubauer „dem Vordenker der radikalen Klimabewegung“ (Spiegel) erneute Aufmerksamkeit, als sie auf Instagram erst scherzte: „Natürlich denken wir darüber nach, wie man die längste Rohölpipeline der Welt sprengen könnte.“ Und als sich Kritik an ihrem Kokettieren mit der Gewalt erhob, verwies sie auf Malms Buch mit dem aussagekräftigen Titel „Wie man eine Pipeline in die Luft jagt: Kämpfen lernen in einer Welt in Flammen“ aus dem Jahr 2020. 

Wer darin allerdings konkrete Bombenbaupläne erwartet, geht fehl. Jedoch stellt es Argumentationsmuster bereit, rechtfertigt und befördert den Gedanken, Gewalt anzuwenden, um „das Klima zu schützen“. Malms „mitreißen­des Manifest“ (Verlagstext) fordert die Eskalation: „Wir müssen die Förderung fossiler Brennstoffe zum Stillstand bringen – mit unserem Handeln, unseren Körpern, mit allem, was uns zur Verfügung steht.“ Malm sieht sich geschichtlich bestätigt: Ob Frauen- oder Anti-Apartheid-Bewegung, alle hätten „Grenzen überschritten, Eigentum zerstört, Infrastruktur angegriffen. Nur so konnte der nötige Druck erzeugt werden, um Veränderung voranzutreiben.“ Kein Wunder, daß etwa die Schweizer Philosophin Rahel Jaeggi ihn als Vertreter eines ökologisch erneuerten Marxismus einordnet.  

Weder sein Aufruf zur Gewalt noch sein Linksradikalismus oder seine Kritik an Israel scheinen ihm zu schaden.

Und tatsächlich ist der 1977 im südwestschwedischen Mölndal geborene Journalist und Autor Mitglied einer trotzkistischen Kleinstpartei. Journalistisch trat er mit Beiträgen für ein anarchosyndikalistisches Stockholmer Miniblatt in Erscheinung. Seine Bücher, etwa über „Fossil-Faschismus“, „Kriegskommunismus im 21. Jahrhundert“ unterfüttert er mit seiner Expertise als außerplanmäßiger Professor für Humanökologie an der Universität Lund – eine Wissenschaft, die sich mit der Wirkung menschlichen Handelns auf die Umwelt beschäftigt.Weiteres Steckenpferd ist das unter linken „Aktivisten“ beliebte Thema „Haß auf Muslime“ oder „Bulldozer gegen ein Volk. Über die Besetzung Palästinas und den schwedischen Verrat“.

Doch weder seine Anstiftung zur Gewalt noch sein Linksradikalismus und auch nicht sein Lob für Hamas-Widerständler in Gaza als „Helden“ oder seine Kritik an Israel als „zionistischer Entität“ mit Genozidvorstufe scheinen ihm zu schaden. Für seinen Verlag Matthes & Seitz ist Malms Selbstermächtigung zur Gewalt kurzerhand „Leidenschaft“, für den Deutschlandfunk seine im „Pipeline“-Buch enthaltene Anleitung zum Entlüften fremder Autoreifen „interessante Sabotage“. Die Zeit bat ihn zum Interview, der Spiegel räumte ihm gar einen Gastbeitrag ein, um für sein Gewaltkonzept zu werben, und der öffentlich-rechtliche Sender Arte befragte ihn als klugen Kopf in einer Dokumentation.  

Doch vor allem bei „Fridays for Future“, noch mehr bei „Extinction Rebellion“ und „Letzte Generation“, findet er Anklang. Zwar betont Malm, daß bei Anschlägen keine Menschen zu verletzen seien. Das Ziel sei schließlich die Erhaltung des Lebens. Doch wer garantiert das?