© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/22 / 01. Juli 2022

Blick in die Medien
Getroffene Hunde bellen
Tobias Dahlbrügge

Der Youtube-Star und Unternehmer Fynn Kliemann betreibt in Niedersachsen das „Kliemannsland“, einen Abenteuerspielplatz für erwachsene Kinder. Unterstützt wird der 34jährige von zahlreichen Sponsoren. Doch die Werbepartner, die sich einen jugendlichen Imagetransfer erhofften, suchen nun schleunigst das Weite, wodurch das Projekt wirtschaftlich gefährdet ist. Auslöser war ein ZDF-Beitrag von Jan Böhmermann Anfang Mai, der Kliemann vorwarf, Covid-Masken vertrieben zu haben, die nicht – wie deklariert – aus nachhaltig-fairer Herstellung stammten, sondern aus ausbeuterischer Produktion in Bangladesch. Untaugliche Masken sollen später öffentlich an Flüchtlinge verteilt worden sein. Die Staatsanwaltschaft untersucht die Vorwürfe.

Doch nun keilt Kliemann zurück: „Wildgewordenen Reportern“ wirft er vor, jede Aussage zu verzerren.

Darauf wurden Kliemanns Angestellte von Haßkommentaren überflutet. Der Versuch eines Krisenmanagements verschlimmbesserte alles. Zahlreiche Medien stürzten sich mit Wonne auf den Jungunternehmer und droschen ohne Kenntnis der Sachlage auf ihn ein. Doch nun keilt Kliemann zurück: Der Redaktion um Böhmermann und anderen „wildgewordenen Reportern“ wirft er vor, sich „für etwas Besseres“ zu halten und jede Aussage zu verzerren. Sein verbittertes Resümee: „Aber am Ende, wenn das Ding eingestellt wird, wird da keiner mehr drüber berichten.“ Zudem rechnet er mit der „woken, linken Szene“ ab: „Die wollen, daß wir uns dafür schämen, daß wir nicht ihren Normen entsprechen.“ Zudem sei er „niemals angetreten, um perfekt zu sein, das geht überhaupt nicht“. Kliemann und sein Team verweigern jegliche Distanzierung.

Statt schriftlich einen vorgefertigten Fragenkatalog zu beantworten, veröffentlichte er seine Erklärung als Video. Das kam bei den selbsternannten Moralrichtern nicht gut an: Der Spiegel mokiert sich, „seine Reue“ habe nicht lange angehalten; die Zeit ätzte, bei der Welt hätte man seine Wutrede sicher abgedruckt, „wenn er sie nicht in die Kamera gestammelt hätte“. Der Blog „Übermedien“ findet es „feige“, mit dem eigenen Kommentar einer Schmähberichterstattung zuvorzukommen, und das notorische „Netzwerk Recherche“ findet, eine solche Antwort „schadet dem investigativen Journalismus“. Touché ...