© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/22 / 01. Juli 2022

Meldungen

Nannen-Preis durch „Stern“-Preis ersetzt

HAMBURG. Die Spiegel-Reporter Timofey Neshitov und Özlem Gezer haben mit ihrer Reportage „Die Hanau-Protokolle“ den Stern-Preis (sonst „Nannen-Preis“) gewonnen. Die Reportage beschäftigt sich mit der Opfersicht auf den Terror-Akt von Tobias R. in Hanau am 19. Februar 2020, bei dem er neun Deutsche mit Migrationshintergrund sowie seine Mutter und sich selbt erschoß. Das Bundeskriminalamt hatte die Tat als rechtsextremistisch und rassistisch eingestuft. R. war vorher mit paranoiden Wahnvorstellungen aufgefallen. Die Auszeichnung wurde wegen Diskussionen um die Rolle von Stern-Gründer Henri Nannens Dienst als Luftwaffenoffizier in einer SS-Propagandaeinheit in Italien im Zweiten Weltkrieg kurzfristig und vorerst einmalig umbenannt (JF 22/22). Mit der Namensänderung wolle man die Debatte um Nannens Vergangenheit entschärfen, hieß es vom Gruner + Jahr Verlag. Gleichzeitig kündigte er an, ein Gremium zu berufen, das über die Verwendung des Namens für Preis und Journalistenschule beraten werde. Bis zum Jahresende soll eine Entscheidung fallen. Zu Lebzeiten hatte der 1996 verstorbene Verleger sich stets erfolgreich gewehrt, wenn behauptet wurde, er habe zur Waffen-SS gehört oder man unterstellte, Logo und Titel des Stern seien der SS-Propagandakompanie „Südstern“ entlehnt. (pl)





Staatsschutz untersucht Klitschko-Anruf bei Giffey

BERLIN. Der Staatsschutz hat Ermittlungen aufgenommen, nachdem aufgeflogen ist, daß Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey mit einem falschen Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko videotelefoniert hat. Laut Senatskanzlei seien durch „Verlauf des Gesprächs und die Themensetzung auf Berliner Seite Mißtrauen hervorgerufen“ worden. „Allem Anschein nach handelte es sich um Deep Fake.“ Beim „Deep Fake“ (Tiefe Fälschung) werden Medieninhalte wie Fotos, Ton oder Video digital unter Verwendung künstlicher Intelligenz (KI) gefälscht. Der RBB-Redakteur Daniel Laufer hat aber erhebliche Zweigel an der Äußerung der Berliner Senatskanzlei vorgebracht. Die Art der Fehler im Video deute vielmehr auf einen „Cheap Fake“ (Billige Fälschung) hin. Dabei werden existierende Videos so zusammengeschnitten, daß ein gänzlich neuer Inhalt transportiert wird. So basiere das Bildmaterial auf einem alten Interview eines ukrainischen Journalisten mit Klitschko. Würde KI das Bildmaterial verändern, wären beim gegenwärtigen Stand der Technik Verzerrungen im Hintergrund erkennbar. Mehrere Bürgermeister in Europa sind auf den falschen Klitschko reingefallen. Der Staatsschutz vermutet hinter diesem „Mittel der modernen Kriegsführung“ (Giffey) eine politische Motivation. Giffey hatte eine halbe Stunde mit dem falschen Klitschko geredet. (mp)





Aufgelesen

„Die Sparrunden der Verlage in der Vergangenheit haben unverhältnis­mäßig stark die Redaktionen getroffen und dazu geführt, daß zum Beispiel das Netz der Lokalredaktionen immer mehr ausgedünnt wurde.“

Julia Becker, Funke-Verlegerin