© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/22 / 08. Juli 2022

Ländersache: Bayern
Grüne Spezl*n-Wirtschaft
Peter Freitag

Wenn in Bayern ein Amt nicht aufgrund der Qualifikation des Bewerbers vergeben wird, sondern wegen seines Parteibuchs, dann hat man aus Gewohnheit an alte Klischees sofort die CSU im Verdacht. Doch die Zeiten haben sich geändert, längst herrschen die Schwarzen nicht mehr so uneingeschränkt wie einst, und so ist mittlerweile sogar der politische Filz unter dem weißblauen Himmel jetzt bunter.  

In der Landeshauptstadt München sollte dieser Tage der Posten des IT-Referenten neu besetzt werden, das Zugriffsrecht steht den Grünen zu, die im Stadtrat grmeinsam mit der SPD und der europhilen Kleinpartei Volt die Mehrheit haben. Acht Leute sollen sich für den Posten beworben haben, darunter der ehemalige IT-Chef des Unternehmens Siemens, Harald Hoefler. Der 61jährige Ex-Manager konnte darauf verweisen, für 2.000 Mitarbeiter und ein Budget von 900 Millionen Euro verantwortlich gewesen zu sein. Die Grünen im Land von Laptop und Lederhose beeindruckte dies allerdings weniger, ihre Vorauswahl fiel statt dessen auf Laura Dornheim. 

Die 38jährige ist studierte Wirtschaftsinformatikerin und wurde in Gender Studies promoviert. Sie arbeitete eine Zeitlang in Start-up-Unternehmen, machte sich aber vor allem als „Digitalpolitikerin“ bei Twitter einen Namen – und kandidierte im vergangenen Jahr als Berliner Grüne für den Bundestag. Auch wenn sie in den Augen vieler Stadträte die Schwächste im Kreise der Bewerber war, könnte Dornheim mit dem Rückhalt ihrer Parteifreunde ab September für ein Salär von rund 10.000 Euro im Monat mit über tausend Untergebenen für sämtliche Rechner an Münchens Schulen und den digitalen Bürgerservice zuständig sein. Außerdem will die Bewerberin „als bekennende Feministin auch im städtischen IT-Referat die Diversität weiter ausbauen“, berichtete die Süddeutsche.

So ist es nun ausgerechnet an der CSU, darauf hinzuweisen, daß sich Kandidaten beworben hätten, die deutlich kompetenter seien: „Wir werden ihre Wahl nicht unterstützen“, kündigte die christsoziale Stadträtin Sabine Bär an. „Die Digitalisierung der Stadt München darf nicht an einer Parteibuch-Besetzung scheitern.“

Da wegen mehrerer Krankheitsfälle beziehungsweise positiver Covid-Tests eine Mehrheit für die alleinige Kanditarin bei der jüngsten Sitzung nicht sicher war, wurde die Wahl Dornheims erst einmal auf die nächste Vollversammlung verschoben. Diese Verschiebung nutzte die CSU und schickt einen Gegenkandidaten ins Rennen – eben jenen in der Vorauswahl unterlegenen Siemens-Manager  Hoefler. Der wäre den anstehenden Aufgaben „durch seine enorme Erfahrung bestens gewachsen. Das kann man von Frau Dornheim leider nicht behaupten“, sagte Fraktionschef Manuel Pretzl der Bild-Zeitung. „Warum sollte man den Lehrling einstellen, wenn man den Meister haben kann?“

Am 27. Juli entscheidet sich dann also, ob dank Fraktionsdisziplin Dornheim die nötigen Stimmen bekommt oder ob möglichweise der eine oder andere Abweichler doch weniger auf das Parteibuch und mehr auf die beruflichen Qualifikationen schaut.