© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/22 / 08. Juli 2022

Steuermilliarden sollen Uniper-Konzern durch Gaskrise bringen
Die Talfahrt hat begonnen
Marc Schmidt

Als der Essener Energiekonzern Eon 2016 beschloß, „grün“ zu werden, wurden die Bereiche Kohle und Gas in die neue Uniper SE ausgelagert. Seit 2020 ist das Düsseldorfer MDax-Unternehmen mehrheitlich im Besitz des halbstaatlichen finnischen Fortum-Konzerns. Dennoch soll nun der deutsche Steuerzahler einspringen, denn seit Januar ist der Uniper-Kurs auf Talfahrt: aus 40 waren im Juni weniger als 20 Euro geworden. Zu Wochenbeginn waren es keine zwölf Euro mehr. Uniper hat sich am Gasmarkt verzockt und ist existenzgefährdet. Das grüne Bundeswirtschaftsministerium arbeitet an einer staatlichen Rettung, denn eine Pleite hätte unabsehbare Nebenwirkungen.

Gibt Uniper die kriegs-, sanktions- und technisch bedingten Mehrkosten der Gasbeschaffung am Markt an die Kunden weiter, gingen insbesondere Betriebe der deutschen Grundstoff- und Chemieindustrie reihenweise pleite. Das wäre weit dramatischer als die stundenweise Zuteilung von Warmwasser an Mieter, wie es eine Wohnungsgenossenschaft im sächsischen Dippoldiswalde jetzt verkündet hat. Bislang scheut Minister Robert Habeck die Genehmigung einer eigentlich vertragswidrigen Preismaßnahme durch Erklärung der Gasnotlage. Erhöht Uniper seine vereinbarten Preise nicht, besteht Insolvenzgefahr, was durch den Versorgungsausfall ebenfalls die Pleite zahlreicher Industriebetriebe nach sich ziehen würde. Die öffentliche Feststellung der Insolvenzgefahr hat nicht nur den Uniper-Aktienkurs weiter fallen lassen, sondern dies verpflichtet alle anderen Marktteilnehmer zur Vorkasse bei Uniper.

Die SPD-nahen DGB-Gewerkschaften im Uniper-Aufsichtsrat haben als erste nach einer Staatsbeteiligung à la Lufthansa oder Commerzbank gerufen. Das Ergebnis wäre Realsatire: Ein Wirtschaftsminister, der es nicht schafft, sich für die Rückgabe einer reparierten Turbine für die Pipeline Nord Stream I von Kanada an Rußland einzusetzen, scheitert mit allen alternativen Erdgas-Beschaffungsansätzen. Dafür kommuniziert er Markteingriffe und Horrorszenarien, was den Marktpreis von Erdgas weiter erhöht. Habeck wird daher mit milliardenschweren „Schutzschirmen“ die Folgen seines Handelns abfedern, um sich nicht als Verursacher der Misere, sondern als Retter der Gasversorgung und der Industrie zu präsentieren. Doch der Preishammer für alle kommt spätestens im Winter.