© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/22 / 08. Juli 2022

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weißmann

Angesichts der Tatsache, daß an der Berliner Humboldt-Universität eine Biologin daran gehindert wurde, einen Vortrag über die biologische Grundlage menschlicher Sexualität zu halten, hat die Bildungs- und Wissenschaftsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) geäußert: „Es darf nicht in der Hand von Aktivisten liegen, welche Positionen gehört werden dürfen und welche nicht.“ Dazu drei Anmerkungen: 1. Die Repression unerwünschter Auffassungen an deutschen (im Grunde an: westlichen) Universitäten ist kein neues Phänomen, sondern seit sechs Jahrzehnten gang und gäbe; 2. diese Repression geht immer nur von einer Seite aus: der linken; 3. es handelt sich längst nicht mehr um die Frage von Meinungsfreiheit, sondern um die Frage, ob bestimmte Tatsachenfeststellungen (hier: es gibt zwei Geschlechter) geäußert werden dürfen oder nicht.

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Der französische Afrikanist Bernard Lugan wies unlängst darauf hin, daß der Schwarze Kontinent zwischen 1960 und 2019 fast zwei Billionen US-Dollar als Entwicklungshilfe erhalten hat, nicht eingerechnet Spenden und die sehr umfangreichen Schuldenerlasse. Allerdings habe diese gigantische Summe so gut wie nichts bewirkt, sondern die Afrikaner „infantilisiert“, indem man ihnen die Verantwortung abnahm und die Korruption weiter verstärkte. Heute lebe fast die Hälfte der Bevölkerung, etwa 600 Millionen Menschen, von weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag. Wenn man zu dieser Zahl noch die 250 Millionen Afrikaner mit einem Einkommen zwischen zwei und vier US-Dollar, also an der Grenze der Existenznot, hinzurechne, bedeute das, daß etwa 850 Millionen der 1,4 Milliarden Afrikaner in Armut lebten. Um lediglich diese Armut zu stabilisieren, benötige Afrika ein Wirtschaftswachstum von sieben Prozent pro Jahr über einen sehr langen Zeitraum. Eine unwahrscheinliche Erwartung angesichts der Tatsache, daß das durchschnittliche Wirtschaftswachstum des Kontinents zuletzt bei bestenfalls drei Prozent lag.

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Lässig, nachlässig, fahrlässig. Die Grenzen sind fließend.

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Der Große Austausch I: In dem Dorf, in dem ich groß geworden bin, war das äußerste an Bevölkerungsexotik das Auftreten von Katholiken. Es gab sie nur in Spurenelementen, sie gehörten alle zu den Zugezogenen und wurden von den Eingeborenen nach Kräften ignoriert, von kollektiven Gewaltakten spektakulären Ausmaßes keine Rede. Heute nennt sich die örtliche Jugendfußballmannschaft des Traditionsvereins stolz „Multikultitruppe“. Im Mai gab es, folgt man dem Bericht der Lokalzeitung, eine „Massenschlägerei“ auf dem Sportplatz. Auslöser war eine Schiedsrichterentscheidung, beteiligt neben aufgebrachten Spielern, ein gut Teil der Zuschauer und die herbeitelefonierte Verwandtschaft. Das Ganze dauerte, bis mehrere Einsatzwagen die Keilerei beendeten.

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Vorbereitet auf das, was kommt: Die französische Gendarmerie erhält neunzig gepanzerte Fahrzeuge: vierzehneinhalb Tonnen Gewicht, mehr als sieben Meter lang und über drei Meter hoch, automatischer Dreißig-Schuß-Granatwerfer, vierhundert Meter Reichweite, Kamera mit Nachtsichtfunktion, Frontblatt zum Räumen von Barrikaden oder schweren Fahrzeugen bis dreieinhalb Tonnen.

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„Die Grünen haben eine faschistoide, elitäre Moral, weil sie selber bestimmen, ob ein Gesetz für sie Gültigkeit hat oder nicht. Eine solche Gruppierung ist eine Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland.“ (Heiner Geißler, Generalsekretär der CDU, 1986)

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Der Große Austausch II: Wenn man in Paris von der Kirche Sacré-Cœur über den Boulevard Marguerite de Rochechouart zur nächsten Metro-Station läuft, fallen auf dem Bürgersteig Pulks von mehreren Dutzend Männern auf, viele in orientalischer Kleidung, entweder lebhaft miteinander im Gespräch oder telefonierend, auf einen Bildschirm oder versonnen vor sich hinstarrend. Die Ursache dieser Ansammlung sind die Geschäfte, die an diesem Straßenabschnitt in einer Reihe liegen und deren Kundschaft offenbar nur aus Frauen besteht. Auch sie in großer Zahl, in jedem Alter, wortreich beratend, diskutierend, streitend. Es handelt sich um Boutiquen, die Brautmoden anbieten.

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„Die Autonomen haben inzwischen genügend Angst geschürt, so daß sich manche Richter gar nicht trauen, gegen sie zu entscheiden, weil sie dann Randale und persönliche Attacken fürchten müssen. Die Verhandlungen um Räumungsklagen sind mit einem massiven Polizeiaufgebot am Gericht verbunden. Die Richter erhalten keinen Personenschutz. Rechtsfreien Räumen begegnen auch die berüchtigten kriminellen Clans, denen es immer wieder gelingt, Zeugen massiv einzuschüchtern und so ungeschoren davonzukommen. Doch der Bürger, der einen hilflosen Staat erlebt, dem es nicht gelingt, das Recht durchzusetzen, verachtet diesen Staat. Die Durchsetzung des Rechts ohne Ansehen der Person muß von Amtsträgern kategorisch eingefordert werden. Wenn dies nicht geleistet wird, so verliert der Staat sein Volk.“ (Fatina Keilani in der Neuen Zürcher Zeitung)

Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 22. Juli in der JF-Ausgabe 30-31/22.