© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/22 / 08. Juli 2022

Die Kitsch-Falle schnappt zu
Kino II: In „Liebesdings“ nimmt Elyas M’Barek sich selbst auf die Schippe
Dietmar Mehrens

Was ist da los mit Ihnen in der Liebe?“ Es sind ganz schön indiskrete Fragen, die der umjubelte Filmstar Marvin Bosch (Elyas M’Barek) sich anläßlich der Weltpremiere seines neuen Kinoknüllers „Traummann“ gefallen lassen muß. Die Boulevardjournalistin Bettina Bamberger (Alexandra Maria Lara) ist berüchtigt für ihren forschen Interviewstil und beißt sich, immer auf der Suche nach dem großen Quotenbringer, dermaßen fest an Boschs Privatleben, daß der kurzerhand die Flucht ergreift. Auf schwer nachvollziehbaren Wegen verschlägt es Bosch in die Kulissen des „Theaters 3000“, das man sich am besten vorstellt als das Wohnzimmer einer linksextremen Szene. Auf der Autonomen-Bühne spielt der kabarettistische Kampfverband rund um die Feministin Frieda (Lucie Heinze) vor der versammelten LGBT-Horde gerade eine Episode aus Woody Allens „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten“ (1972) nach, modern versetzt mit Elementen aus exotischen Fruchtbarkeitstänzen.

Selbstverliebte Kabarettisten mit Gossenjargon

Da die üppigen Finanzmittel zur Förderung von „Gleichstellung“ und „Kampf gegen Rechts“ offenbar mal wieder zweckentfremdet verballert wurden, steht das Szene-Theater vor dem finanziellen Kollaps. Das Angebot, dem gejagten Star Unterschlupf zu gewähren, nehmen die feministischen Kunstschaffenden mit Blick auf die Entschädigungssumme willig an. Obwohl Frieda „das vom Patriarchat gesteuerte klassische Beziehungsmodell“ ideologiekonform „für Quatsch“ hält, findet sie Gefallen am schönen Marvin und er auch an ihr. Die Kitsch-Falle kann also zuschnappen und das LGBT-Theater durch einen Helden, der sich im Nu von seiner kommerziellen Oberflächlichkeit emanzipiert hat, gerettet werden.

Daß Satire sich schwertut, wenn zum persiflierten Gegenstand die kritische Distanz fehlt, sollte sich eigentlich herumgesprochen haben. Der Komödie von Anika Decker hätte es sicherlich geholfen, wenn die Regisseurin vor den Dreharbeiten geklärt hätte, ob „Liebesdings“ ein feministisches Agitprop-Projekt werden sollte oder eine bissige Satire darauf. Ihr Film ist irgendwas dazwischen. Statt die verbiesterten LGBT-Jakobiner und ihre medialen Propagandaschleudern, die inzwischen die ganze Gesellschaft vor sich hertreiben, mal kräftig durch den Kakao zu ziehen, bietet Decker den desolaten Darbietungen der Darsteller des „Theaters 3000“ eine viel zu breite Bühne. Auf der bewegen sich selbstverliebte Kabarettisten, die sprachlich nur über Gossenjargon verfügen, auf „Heute-Show“-Niveau, lassen die eigentliche Filmhandlung, die noch eine Leiche im Keller hat, zur Kulisse verkümmern und machen es Hauptdarsteller Elyas M’Barek fast unmöglich, wirklich lustig zu sein. 

Kinostart ist am 7. Juli 2022