© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/22 / 08. Juli 2022

Blick in die Medien
Vive la Rundfunkanstalt!
Tobias Dahlbrügge

Erst kürzlich stand an dieser Stelle, daß der französische Präsident Macron angekündigt hat, den Rundfunkbeitrag von 138 Euro, der jedem Haushalt in Frankreich pro Jahr abgeknöpft wird, abzuschaffen. Immerhin begnügen sich France Télévisions und Radio France mit drei Milliarden Euro Zwangsgebühren jährlich, die mit der Wohnungssteuer eingezogen werden – in Deutschland kassieren die Gebührensäufer bald das Dreifache.

Bei der grundsätzlichen Begeisterung der Franzosen fürs Protestieren und Demonstrieren ist es kein Wunder, daß Macrons geplante Gebührenabschaffung die Beschäftigten der Öffentlich-Rechtlichen Ende Juni auf die Straßen trieb. Der Staatsfunk rief den Streik aus: Im Fernsehen gab’s nur noch Wiederholungen, im Radio keine Nachrichten mehr, sondern nur Musikgedudel.

Dabei will der Élysée-Bewohner die Anstalten nicht vom Finanzfluß abschneiden, sondern die Bürgersteuer in eine staatliche Zuwendung umwandeln. Das hehre Ziel soll sein, die Kaufkraft der Franzosen während der galoppierenden Inflation zu stärken. Doch die roten Gewerkschaften haben schon mal errechnet, daß durch die Bürger­entlastung rund drei Milliarden Mindereinnahmen entstehen würden (wie auch immer) und jaulen entsprechend laut auf.

Die Solidarität der Gebührenzahler mit dem Anstaltspersonal hält sich derweil in Grenzen.

Andere französische wie deutsche Kritiker monieren allerdings nicht zu Unrecht, daß bei einer Direktfinanzierung der Sender durch den Staat die Regierungsnähe noch bedeutend stärker würde, als dies ohnehin bereits der Fall ist. Die politische Mehrheit könnte jederzeit „Einsparungen“ als Druckmittel einsetzen, um die Berichterstattung zu beeinflussen. Damit wäre das mühsam gepflegte Feigenblatt der journalistischen Unabhängigkeit restlos eine durchsichtige Illusion.

Die Solidarität der unfreiwilligen Gebührenzahler mit dem Anstaltspersonal hält sich derweil in überschaubaren Grenzen; die aktuell angespannte Wirtschaftslage macht die Zwangsabgabe noch unbeliebter als zuvor. Die Rechte um Marine Le Pen will das Abgabensystem durch Privatisierung der Sender reformieren.