© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 29/22 / 15. Juli 2022

Zitate

„Wirtschaftswaffen sind zweischneidige Schwerter. Das ohnehin löchrige Ölembargo gegen Rußland etwa hat angesichts der dadurch verursachten Preissteigerungen den makabren Effekt, daß in den russischen Staatshaushalt nicht weniger, sondern mehr Gelder als zuvor fließen. Gleichzeitig bedrohen die Sanktionen den Wohlstand westlicher Gesellschaften. Inzwischen rät US-Finanzministerin Janet Yellen aus eigenem Interesse den Europäern sogar davon ab, russische Öllieferungen vollständig zu boykottieren. Denn die höheren Ölpreise befeuern die Inflation und zwingen die US-Notenbank zu einer immer restriktiveren Geldpolitik, die wiederum zu weiteren Einbrüchen an den US-Aktienmärkten und der US-Wirtschaft führen dürfte.“

Josef Braml, Generalsekretär der Deutschen Gruppe der Trilateralen Kommission, im „Handelsblatt“ vom 7. Juli





„Die Verharmlosung der Folgeschäden der Corona-Maßnahmen und die Geringschätzung eines vom Deutschen Bundestag eingesetzten Sachverständigengremiums ist befremdend und undemokratisch. Das Gutachten der Evaluationskommission hätte ein erster Schritt zur Überwindung der gesellschaftlichen Spaltung sein können, doch diese Chance ist wohl schon wieder vertan. Das deuten zumindest die politischen und medialen Reaktionen auf den Bericht an. Das Verhalten von Menschen, die um jeden Preis recht behalten und ihren Irrtum nicht eingestehen wollen, hat diese Möglichkeit vereitelt.“

René Schlott, Historiker, im „Freitag“ vom 7. Juli





„Der Post-Brexit-Konservatismus ist mehr am Arbeiter orientiert, weniger akademisch, älter, weißer, weniger urban und deutlich kulturkonservativer, als es der Konservatismus vor dem Brexit je war. Obwohl Boris Johnson seine Partei bereitwillig um diese Wählerschaft herum umgestaltete, wußte er nie, was er damit anfangen sollte. Was seine Loyalisten ‘Das Projekt’ nennen, wurde nie intellektuell geschlossen oder ideologisch ausgereift. Während seine neuen Wähler weniger Einwanderung wollten, gab er ihnen mehr. (…) Während sie glaubten, einen politischen Kämpfer gewählt zu haben, sorgte er sich zu oft darum, wie er von kosmopolitischen Liberalen wahrgenommen wurde. Während sie dachten, er sei auf ihrer Seite, schien er sie mit Verachtung zu behandeln.“

Matthew Goodwin, Professor für Politikwissenschaften an der University of Kent, auf dem Blog „unherd“ am 8. Juli





„Prognose: Wenn es in Deutschland aufgrund von explodierenden Preisen, Armut und Zukunftsangst in diesem Jahr noch zu Massenprotesten kommen sollte, wird die politische Linke dabei keine, aber auch wirklich gar keine Rolle spielen.“

Jörg Wimalasena, Politischer Korrespondent der „Welt“, auf Twitter am 9. Juli





„Das außenpolitische Establishment in Wa-shington hat die Krise weitgehend erfolgreich genutzt, um dem liberalen Imperium neues Leben einzuhauchen und Unterstützung für seine schwächelnden Institutionen zu sammeln. Der Schein kann jedoch trügen. Unterm Strich wird der Krieg (...) als kollektiver Abgesang der liberalen herrschenden Klasse auf die ideologische Weltordnung nach 1945 angesehen werden. Indem er so weitermacht, wird der von den USA geführte westliche Block, das letzte ideologische Imperium der Welt, für seinen eigenen Untergang sorgen.“

Arta Moeini, Forschungsdirektor beim US-Thinktank „Institut für Frieden & Diplomatie“, im US-Onlinemagazin „Compactmag“ am 9. Juli