© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 29/22 / 15. Juli 2022

Persilschein von der Max-Planck-Gesellschaft
Islamische Schattenjustiz
(ob)

Mit seinem Buch über islamische Paralleljustiz („Richter ohne Gesetz“) stieß der Journalist Joachim Wagner 2011 eine bis heute nachwirkende Debatte über eine der vielen düsteren Seiten multikultureller Gesellschaften an. Wagners Befund, vor der Schattenjustiz islamischer „Friedensrichter“ und ihrer Scharia-Konfliktregelung habe die deutsche Justiz längst kapituliert, löste eine Welle von Auftragsstudien aus, um dem Ex-Moderator des ARD-Magazins „Panorama“ Paroli zu bieten. Mehrere Landesregierungen ließen untersuchen, welche „Justiz“ islamische Ältestenräte oder gar Clanchefs tatsächlich ausübten. Auch eine aktuelle, von der Landesregierung NRW in Auftrag gegebene Studie von Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht (Freiburg) und des MPI für ethnologische Forschung (Halle) ist noch motiviert durch den Willen, Wagner zu widerlegen. Dafür relativieren die Studienleiter Clara Rigoni und Hatem Elliesie, beide mit einem bei diesem Thema ihrer Objektivität wohl eher abträglichen Migrationshintergrund ausgestattet, das Phänomen zunächst durch Hinweise auf ähnliche Praktiken im Rockermilieu oder bei „Reichsbürgern“. Sodann habe man nachgewiesen, daß nicht exklusiv nach der Scharia geurteilt werde, sondern aufgrund der Kombination von islamischem Recht, großfamiliär tradiertem Gewohnheitsrecht und staatlichem deutschen Recht. Und daß überhaupt Parallelgesellschaften mit eigener Justiz deswegen blühten, weil die deutsche Gesellschaft Clans wie den kurdisch-libanesischen Mhallamiya nie das Recht gewährte, „legal zu arbeiten“ (Max-Planck-Forschung, 2/2022). 


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