© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 29/22 / 15. Juli 2022

Hautfarbenlehre
Ein-Themen-Frau zu Rassismus – und warum Jesus zu weiß ist
Björn Harms

Die Theologin Sarah Vecera hat ein Problem. Die Kirche in Deutschland ist ihr zu weiß. Da sie mit solch einer These bei der jedem Schuldkult verpflichteten Evangelischen Kirche Deutschlands einen dankbaren Abnehmer trifft, stehen ihr hier alle Türen offen. Die 38jährige arbeitet als stellvertretende Leiterin des deutschen Ablegers der Vereinten Evangelischen Mission (VEM). Parallel dazu tourt sie als gefragte „Bildungsreferentin“ mit dem Schwerpunkt „Rassismus“ durch die Kirchen in Deutschland. 

Jüngst hat die pakistanischstämmige Aktivistin die sich ausdehnende Literatursparte „Rassismus als Geschäftsmodell“ (Fatina Keilani) um ein weiteres Werk bereichert. „Wie ist Jesus weiß geworden?“, fragt sie in ihrem ersten Buch, wobei die Anklage selbstverständlich direkt mitschwingt. Der böse Europäer war es, der der Welt seinen weißen Jesus aufgezwungen hat! Welch eine banale Erkenntnis: Natürlich wird Jesus auch aus kunsthistorischen Gründen, angelehnt an die Alltagswelt, im europäischen Kontext weiß dargestellt, während es beispielsweise in Äthiopien üblich ist, Jesus deutlich dunkler zu porträtieren. In Afrika wird die Jungfrau Maria schwarz abgebildet, in Europa weiß. Und jetzt?

Tatsächlich beschäftigt sich das Buch aber nur in einem Kapitel mit der Titelfrage. Die restlichen Seiten werden gefüllt mit einer Melange aus eigener Biographie und Anklagen gegen ihre weiße Umgebung. So glänzt die Ein-Themen-Frau mit Identitätsproblemen – auch auf ihrem Instagram-Profil geht es permanent nur um die Hautfarbe – mit den üblichen Phrasen, die man mittlerweile zur Genüge kennt. Rassismus gegen Weiße gebe es nicht, schreibt Vecera, was mindestens der eine oder andere südafrikanische Farmer bestreifen dürfte. Die Europäer hätten den Rassismus erfunden und in die Welt getragen, erklärt sie, obwohl der Hautfarbenrassismus eine Erfindung der Araber war.

Zu diesen Behauptungen gesellt sich das übliche Vielfalts- und Diversitätsgedöns. Wer schon Wörter wie „Migrationshintergrund“ oder „Kultur“ benutzt, steht bei Vecera im Verdacht, Rassist zu sein. Stattdessen preist sie das pseudowissenschaftliche Modell der „Intersektionalität“, das Menschen in eine Opferhierarchie einteilt, in der der alte, weiße Mann natürlich ganz unten steht.

Mit einem Ende derartiger Literatur ist wohl kaum zu rechnen. Das deutsche Verlagswesen hat die Masche perfektioniert, weil sie funktioniert: Im Grunde sind alle deutschen Bücher zum Thema „Rassismus“ bloße Übersetzungen bereits erschienener englischsprachiger Bücher von Aktivisten derselben ideologischen Couleur. An Käufern in Form von weißen Sündern, die flehentlich um Vergebung für ihren Alltagsrassismus bitten, scheint es nicht zu mangeln.

Sarah Vecera: Wie ist Jesus weiß geworden? Mein Traum von einer Kirche ohne Rassismus. Patmos Verlag, Ostfildern 2022, broschiert, 200 Seiten, 19 Euro