© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 29/22 / 15. Juli 2022

Haltungsnote
Fürs Leben lernen
Florian Werner

Andreas Dengel muß den Schwierigkeitsgrad seines Lebens bei seiner Geburt auf „extra hoch“ eingestellt haben. Anders ist es nicht zu erklären, daß der Mann mit gerade einmal 28 Jahren zum wahrscheinlich jüngsten Professor in Deutschland berufen worden ist, obwohl er eigentlich mit Depressionen zu kämpfen hat. „Seit ich 17 bin, habe ich Depressionen, und ich nehme Medikamente“, outete er seine Krankheit am Ende seiner Antrittsvorlesung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main vor versammelter Studentenschaft.

Ein mutiger Schritt, den der Jungakademiker vom Lehrstuhl für Didaktik in der Informatik laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auch für seine Studenten und Mitarbeiter auf dem Campus geht. Denn dort seien psychische Krankheiten nach wie vor ein Tabuthema. Ein älterer Kollege solle ihm sogar schon einmal auf den Kopf zugesagt haben, früher habe man sich bei so etwas einfach „zusammengerissen“.

Kein einfacher Weg also, den Dengel geht – der aber nicht zuletzt durch Medikamente ein Stück weit leichter wurde. „Man wird dadurch nicht glücklich, nur weniger unglücklich“, erklärt Dengel die Wirkung der Medizin. Mit seiner eigenen Offenheit will er anderen Menschen zeigen, daß sich die Depression trotz aller Widrigkeiten meistern läßt. Damit hat er sich für seinen Bildungsauftrag mehr vorgenommen als viele andere Dozenten an deutschen Universitäten.