Ukraine-Krieg: Stillstand archäologischer Forschung
NEW YORK. Die Entdeckung des Denisova-Menschen, welcher sowohl dem Neandertaler als auch dem Homos sapiens genetisch erstaunlich nahestand, sorgte 2010 für weltweites Aufsehen. Dabei stammen fast alle Überreste dieses mysteriösen Vormenschen aus der Denissowa-Höhle in der russischen Region Altai am Oberlauf des Ob. Deshalb stagniert die weitere Erforschung des altsteinzeitlichen Jägers und Sammlers nun wegen des Krieges in der Ukraine und der damit verbundenen Entfremdung zwischen Moskau und dem Westen. Wissenschaftler aus den USA oder der EU wollen nicht mehr in den Altai reisen, um ein politisches Zeichen zu setzen oder weil sie schlicht und einfach Angst haben, aufgrund irgendwelcher konstruierter Vorwürfe in einem russischen Gefängnis zu landen. Und die Experten aus der Russischen Föderation wiederum können mit ihren Funden in der Höhle kaum noch etwas Sinnvolles anfangen, da sie beispielsweise außerstande sind, die sehr aufwendigen Gen-Analysen oder Altersbestimmungen selbst durchzuführen (Nature 27/22). Aus dem gleichen Grund herrscht jetzt Stillstand, was die Ausgrabungen an Lagerplätzen der Neandertaler auf der Krim und in Jakutien betrifft. (ts)
Benin-Bronzen: Rettung vor toxischen Entwicklungen
HEIDELBERG. Am 1. Juli 2022 haben die Bundesrepublik und Nigeria vereinbart, daß die in den Museen und Sammlungen der Bundesrepublik lagernden Kunstobjekte aus dem 1897 von den Briten eroberten westafrikanischen Königreich Benin zurückgegeben werden sollen. In diesem Zusammenhang erinnert Spektrum der Wissenschaft nun an den österreichischen Anthropologen und Völkerkundler Felix Ritter von Luschan (1854–1924), welcher ab 1886 im preußischen Staatsdienst stand und mit unermüdlichem Einsatz 580 der 2.400 damals nach Europa gelangten Elfenbeinschnitzereien sowie bronzenen Relieftafeln beziehungsweise Skulpturen angekauft hatte (Online-Ausgabe vom 6. Juli 2022). Dabei geht es auch um die Motivation von Luschans, dessen wissenschaftliches Credo lautete: „Wilde“ Völker gebe es nicht, sondern nur Völker mit einer anderen Kultur, die Wertschätzung verdiene. Deshalb sei es wichtig, die Artefakte aus Benin durch Aufbewahrung in Europa zu retten und für die Nachwelt zu bewahren, bevor die Gesellschaft, die diese einzigartigen Kunstwerke hervorgebracht habe, an den vier toxischen S der Neuzeit, als da wären Sklavenhandel, Schnaps, Syphilis und Schundwaren westlicher Herkunft, zugrunde gehe. (ts)
Erste Sätze
Von Rußland lernen? Eine provokative Frage – zweifellos, denn wie kein anderes Land stand Rußland am Ende des letzten und Anfang dieses Jahrhunderts für den Niedergang und den Verlust des Sozialen.
Kai Ehlers: Kartoffeln haben wir immer. Überleben in Rußland zwischen Supermarkt und Datscha, Bad Honnef 2010
Historisches Kalenderblatt
25. Juli 1952: Zur Umsetzung des sowjetischen Prinzips des „demokratischen Zentralismus“ löst die Volkskammer der DDR die fünf mitteldeutschen Länder Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg zugunsten von 14 Bezirken mit 217 Kreisen auf.