© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/22 / 22. Juli 2022

Gucci statt Gold
Frauen haben ab sofort eine neue Ausrede für den Handtaschenkauf – die Investition in eine Wertanlage
Eric Steinberg

Der Hype um teure Luxusgüter hält seit Jahren an. Doch sind die Artikel von Gucci und Co. längst nicht mehr nur in den Musikvideos internationaler Rap-Größen zu bestaunen, sondern finden sich auch auf den Listen privater Investoren wieder. Denn besonders Handtaschen, Uhren oder Schuhe können bei der richtigen Wahl eine lukrative Investition sein.

Immer wieder sorgen die Popkultur, Mythen und Legenden für den Aufschwung bestimmter Modelle. Der Nike-Schuh „Jordan 1 High OG SP“ wurde auf der Plattform StockX zuletzt für knapp 3.000 Euro verkauft und war neu für 200 Euro zu erwerben. Wie dieser Preisanstieg zustande kommt? Nike arbeitete für das Release mit dem amerikanischen Star-Rapper Travis Scott zusammen. Auch bestimmte Artikel der Marke Gucci sind seit Erscheinen von „House of Gucci“ beliebter geworden. Doch nicht nur Kinofilme oder der Name eines Musikers allein sorgen für den Hype. Auch das Prinzip der künstlichen Verknappung spielt eine essentielle Rolle für die Beliebtheit und Preisgestaltung der Luxuswaren.

Um so mehr Exemplare es gibt, desto irrelevanter werden die Güter. In der Schuhbranche ist es mit dem nötigen Glück teilweise trotzdem möglich, die beliebten Modelle zum Originalpreis zu ergattern. Die Vergabe erfolgt dann über willkürliche Losverfahren und oder per Voranmeldung. Mit ein wenig Geduld lassen sich dann Preissteigerungen erwarten, die deutlich über 100 Prozent liegen.

Um Hermès-Handtaschen rankt sich ein ganz besonderer Mythos

Bei extrem hochpreisigen Marken reicht Glück allein nicht mehr aus. Besondere Modelle werden hier lediglich an einen festen Kundenstamm aus der High-Society vergeben und landen so viel seltener auf dem freien Markt. Wenn doch, können schon mal horrende Summen gezahlt werden: Das Sondermodell „Faubourg“ der Hermès-Handtasche Birkin Bag wechselte im Februar für stolze 158.000 Euro den Besitzer. Lediglich 50 Exemplare wurden von ihr produziert, im regulären Handel ist sie nicht erhältlich.

Ihren namentlichen Ursprung hat die Tasche bei Schauspielerin Jane Birkin, die während eines Flugs von London nach Paris für die Neuschöpfung der Handtasche sorgte. „An diesem Tag hatte Jean-Louis Dumas, damaliger Geschäftsführer des Hauses Hermès, die englische Schauspielerin Jane Birkin zur Sitznachbarin. Sie beklagte sich, einfach keine Tasche finden zu können, die den Bedürfnissen einer jungen Mutter entsprach“, schreibt das Unternehmen auf seiner Homepage.

Es sind Legenden wie diese, die sich bis heute auch am Preisschild bemerkbar machen. Während Vintage-Modelle wie der Birkin Bag immer noch besonders gefragt sind und Käufer von enormen Preissteigerungen profitieren, eignet sich längst nicht jedes Modell als Geldanlage. Vielfach ist der Erfolgsfaktor der Investitionen geknüpft an das allgemeine Image des Modells. Dieses Phänomen ist auch auf dem Uhrenmarkt zu spüren. Die Luxusmodelle, die bei Anlegern besonders beliebt sind, sind etablierte wie die Rolex Submariner oder die Breitling Chronomat.

Auch das Internet entdeckt die Wertanlage „Luxus“ für sich

Neu ist das Investitionsphänomen folglich nicht. Findige Anleger wußten schon vor der Erfindung des Internets um preisintensive materielle Wertanlagen. Das Netz hat den Luxusgütermarkt mittlerweile jedoch immer mehr in die Onlinewelt verschoben. Dadurch erlebte vor allem ein Trend einen Aufschwung: der Handel mit Second-Hand-Artikeln. Verkauft werden diese bei Internethändlern wie Rebelle, The Real-Real oder eben Vestiaire Collective, die sich allesamt auf Designermode spezialisiert haben. Das Internet bietet für Käufer den Vorteil der besseren Marktübersicht. Neue Angebote landen schneller auf dem Radar, Preisveränderungen können stetig nachvollzogen werden, und die lukrativsten Investments werden sichtbar.

Für besonders Faule gibt es mit dem Gam Luxury Brands Fonds mittlerweile zudem eine risikoärmere Investmentmöglichkeit. „Der Fonds wählt führende Luxusunternehmen mit herausragenden Marken und qualitativ hochwertigen Produkten aus, die zudem kontinuierlich um Innovation bemüht sind“, so der Anlagefokus des Fonds.

In den vergangenen zehn Jahren stieg sein Wert um sage und schreibe 118 Prozent. Eine langfristige Anlage ist hier ebenso sinnvoll wie auch bei Einzelwaren. Denn können mit schnellen Käufen und Verkäufen zwar kurzfristig recht hohe Gewinne eingefahren werden, jedoch bringt mehr Geduld im Handgepäck meist auch die wesentlich höheren Erträge.